Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

911 
912 
86 Kampf Konrads I. mit Herzog Heinrich. 
Burchards Söhne, Burchard II. und Bardo, von denen 
jener mit dem neuen König Konrad verschwägert wurde, be- 
bielten vorerst ihre erblichen Besitzungen in Thüringen. Im 
Jahre 911 hatte Otto der Erlauchte die ihm — so angesehen 
war sein Name — von den Franken und Sachsen angetragene 
Reichskrone wegen seines Alters zurückgewiesen, und so wurde 
sie dem Sohne jenes Konrad, des Lehnsherrn und gewesenen 
Markgrafen von Thüringen, übertragen. Wirklich starb Otto 
schon 912 mit Hinterlassung seiner Amter und Länder an 
seinen Sohn Heinrich. 
Jetzt glaubte Konrad die günstige Gelegenheit gekommen, 
um die herzogliche Gewalt, die sich auch anderwärts, in Baiern 
und Schwaben, drohend gegen das Königthum erhob, und zwar 
zunächst in Sachsen, wo sie sich am frühesten entwickelt hatte, 
einzuschränken. Darüber, was den nächsten Anlaß zu dem Zer- 
würfniß des Königs mit dem jungen Heinrich gab, berrscht 
einiges Dunkel 1). Daß es sich nicht allein um die thürlugischen 
Grafschaften handelte, über welche ihm Konrad die Lehen ver- 
weigerte, ergiebt sich daraus, daß auch das Kloster Hersfeld 
damals durch Konrad wieder von Heinrich unabhängig wurde. 
Allem Anschein nach lag insbesondere dem Erzbischof Hatto 
von Mainz, dessen Stifte Thüringen untergeben war und das 
hier zahlreiche Güter besaß, viel daran, den der geistlichen Ge- 
walt gefährlichen Nebenbuhler zu beseitigen, und eben hierin 
dürfte der Grund zu suchen sein, weshalb Heinrich dessen Güter 
zuerst verwüstend heimsuchte. Vielleicht wollte der König den 
Söhnen Burchards, vielleicht sogar seinem eigenen Bruder zum 
Besitze der thüringischen Markgrafschaft verhelfen. Heinrich 
aber, statt nachzugeben, vertrieb die beiden Grafen Burchard 
und Bardo und vertheilte ihre Besitzungen unter seine eigenen 
Vasallen. 
So tritt abermals eine Dynastie vom thüringischen Schau- 
platze ab und eine neue, vierte, die sächsische, auf denselben; 
damit kommt die ehemalige Verbindung Thüringens mit Ost- 
franken immer mehr in Vergessenheit und Thüringen, und 
zwar das ganze, erscheint hiufort in engerer Verbindung mit 
1) Waitz, Jahrb., Excurs IV, wo auch die Beweisstellen.
	        
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