Herzog Heinrich von Braunschweig. 628
vom Bischof um Hilfe angerufen, mit einem schnell gesammelten
Heere herbei und lagerte bei Oschatz, während der Kurfürst
seine Streitkräfte bei Grimma zusammenzog, und beide wollten
eben losschlagen, als Landgraf Philipp schnell herbeikam und
zu Grimma (15. April 1542) die Fürsten noch verglich. Auch
Luther, der ganz von des Kurfürsten Recht überzeugt war,
und Elisabeth von Rochlitz hatten zum Frieden gesprochen.
Floß also gleich kein Blut, so ging doch Melchiors von Ossa
Wort in Erfüllung: daß dieser Krieg einen heftigen Wider=
willen machen werde und ein großes Mißtrauen im Hause zu
Sachsen verursacht habe 1). Den ausgeglichenen Haudel benutzte
der Kurfürst zu einer Kirchenvisitation des ganzen Stiftes
Wurzen. Aber schon rief ihn wieder eine andere Sorge.
Mit den Zugeständnissen, die man katholischerseits den
Protestanten gemacht hatte, mit dem Verschieben des sehnlichst
gewünschten Krieges war Niemand unzufriedener gewesen als
Heinrich der jüngere von Braunschweig, der leidenschaftlichste
Feind des schmalkaldener Bundes. Seine Gesinnungen und die
Pläne seiner Partei waren schon 1538 aus aufgefangenen
Briefen klar geworden, und vdarüber zur Rede gestellt, beschul-
digte er sogar den Kurfürsten, daß er ihm nach dem Leben ge-
trachtet habe. Dies führte zuerst zu einem von beiden Seiten
mit Verletzung alles Anstandes, den Fürsten einander schuldig
sind, geführten Schriftenwechsel, wobei auch der Verdacht nicht
ganz von Heinrich zerstreuet werden konnte, daß er sogar
Mordbreuner nach Sachsen und Hessen gesendet habe. Auch
Luther schrieb damals mit kurfürstlicher Genehmigung seine
Schrift wider Haus Worst. Schon die Titel dieser sämmtlich
dem Druck übergebenen Schriften und Gegenschriften sind für
jene Zeit, die sich kaum noch den Jahrhunderten des Faust-
rechtes entwunden hatte, und ihre Diplomatie bezeichnend genng.
Z. B. „Des durchleuchtigsten, hochgebornen Fürsten und Herrn,
Herrn Johanns Friedrichen Herzog zu Sachsen rc. wahrhaftige,
bestendige, ergründete, Christenliche und aufrichtige Verantwor-
1) v. Langenn, Moritz (1841) I, 126. Schätzbare Ergänzungen
dazu aus errnestinischen Materialicn licesert Burkhardt (Die wurzener
Ichde) im Archiv f. sächs. Gesch. IV, 57 ff.