Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Die clevesche Angelegenheit. 527 
stützen; auch die übrigen Mitglieder trauten dem Kaiser, der 
mit dem Papste entzweit war, gerade deshalb um so leichter 
friedliche Absichten gegen die Protestanten zu; der Kurfürst war 
nicht ohne Besorgnisse vor seinem jungen, raschen Vetter Moritz, 
dessen feuriges Gestirn sich um eine glänzendere Sonne bewegen 
wollte, als die Johann Fricdrichs und seines ganzen Bundes 
war. War derselbe auch sowenig wie der Kurfürst persönlich 
in Nürnberg erschienen, so leitete doch hier schon sein kluger 
Staatsmann Christoph von Carlowitz ganz in der Stille seines 
Herrn Annäherung an das Kaiserhaus ein; Moritz begehrte 
die Schutzherrschaft über die Stifter Magdeburg und Halber- 
stadt und den erblichen Besitz derer von Meißen und Merse- 
burg, und Grauvella ließ es nicht an Verheißungen fehlen, 
falls der Herzog sich an den Kaiser anschlösse. Endlich regten 
sich im Bunde selbst zwischen Fürsten und Städten fast offen 
Mißtrauen und Eifersucht. Besonders fühlten sich die Städte 
gemißbraucht und gedrückt. Dies waren die Verhältnisse, welche 
die Kraft des schmalkaldischen Bundes lähmten. Dieselbe Zer- 
fahrenheit zeigte sich auch auf dem Tage zu Schmalkalden (Juni 
1543), wo man nur eine rechtferligende Gesandischaft an den 
Kaiser beschloß. Moritz hatte die Einladung dahin abgelehnt; 
statt durch seine Räthe erbot er sich nur durch Theologen den 
Tag zu beschicken; wie hätte er gerade jetzt, wo sich ihm ein 
aussichtsreiches Verhältniß zum Kaiser eröffnete, dem Bunde 
näher treten mögen? Der Herzog von Cleve blieb also der 
Übermacht und der Rache des Kaisers preisgegeben, der ihm 
Geldern wieder entriß und ihn von jeder Religionsveräuderung 
abzusehen zwang. Moritz aber zog noch in demselben Jahre 
mit dem Kaiser gegen Frankreich zu Felde 2). 
So konnte der Kaiser wohl hoffen, auf dem 1544 zu Speier 
gehaltenen Reichstage die Protestauten sogar zur Hilfe gegen 
Frankreich zu bewegen. Vertrauensvoll und zu allen guten 
Diensten bereit war Johann Friedrich dies Mal in Person er- 
schienen, wogegen Moritz, um persönlichen Auseinandersetzungen 
mit seinen Glaubensgenossen auszuweichen, sich nur dürch seine 
1) v. Langenn, Moritz I, 156 ff.; derselbe, Christoph v. Car- 
lowitz (1854), S. 85.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.