538 Der schmalkaldische Krieg.
lange er auch schon seinen Angriff vorbereitet hatte, seine
Gegner waren jetzt doch früher gerüstet als er, aber ihr Un-
glück wollte, daß sie sich durch übelangebrachte Bedenklichkeiten
abhalten ließen, ihren Vortheil zu brauchen. Mußte doch
Schärtlin die schon genommenen Alpenpässe aus Rücksicht auf
die bayrische Scheinneutralität und auf Ferdinand wieder auf-
geben und damit den Verstärkungen des Kaisers selbst die Thore
öffnen. Dazu fehlte es dem Oberbefehl an der nöthigen Ein-
heit, insbesondere, da der Kurfürst, der sonst seiner schweren
Leibesbürde wegen vorzog daheim zu bleiben, dies Mal sein
Heer, weil es größtentheils nicht aus Söldnern, sondern aus
seinen Landsassen bestand, die er nicht fremdem Befehle unter-
geben mochte, in Person ins Feld führte, denn bei dem hohen
Gefühle seiner persönlichen Würde, das ihn erfüllte, war nicht
daran zu denken, daß er sich dem kriegserfahrenen Laudgrafen,
geschweige dem tüchtigen Schärtlin, unterordnen würde. Da
ein Schreiben der Fürsten vom 4. Juli an den Kaiser unbe-
antwortet blieb, so erschien am 15. Juli ihr Manifest über die
wahren Ursachen des Kriesgs. Am 20. Juli aber sprach zu
Regensburg der Kaiser ohne Urtheil und Recht und in offen-
barer Verletzung der Wahlcapitulation über beide Bundes-
häupter als „Ungehorsame, Untreue, pflicht= und eidbrüchige
Rebellen, aufrührerische Verächter und Verletzer der kaiser-
lichen Majestät und Verbrecher des gemeinen Landfriedeus“
die Reichsacht aus; ihre Unterthanen wurden vom Eid der
Treue losgesprochen, die Anhänger und Unterstützer der Ge-
ächteten mit gleicher Strafe bedroht.
Auch hierin kein Wort von der Religion. Als aber jetzt
der Papst, um den Kaiser an sein Wort zu binden, selbst seinen
Bund mit Karl, und daß er ausdrücklich zur Vertheidigung der
Religion gegen die Ketzer geschlossen sei, bekannt machte, allen
Denen, die für die Ansrottung der Ketzerei beten würden, Ab-
laß versprach, mußte auch der letzte Zweifel schwinden; der
Neligionseifer der Protestanten erwachte aus seinem Schlummer
und weit mehr Krieger als die Werbungen der Fürsten führte
dieser Schritt des Papstes den Fahnen der Verbündeten zu.
Johann Friedrich und Philipp widerlegten öffentlich die An-