Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

566 Das albertinische Sachsen. 
mann von dem Busche 1511, von dem Geiste scholastischer 
Barbarei verwiesen. Dagegen sah er die junge Universität 
Wittenberg immer mehr aufblühen und endlich von dort ein 
Licht ausgehen, welches sein Leipzig ganz zu verdunkeln drohte. 
Georg war einer Reformation durchaus nicht feind noch blind 
gegen die Gebrechen der Kirche. Tetzels Ablaßkram mißbilligte 
er nicht bloß, weil Ablaß durch gute Werke verdient und nicht 
durch Geld erkauft werden müsse, sondern auch weil er hinter 
des Landesfürsten Wissen und Willen verstattet worden sei, und 
befahl, das Geld nicht ohne seine Genehmigung herauszugeben. 
Auf dem Reichstage zu Worms war er einer von deuen, welche 
am entschiedensten auf Abstellung der kirchlichen Mißbräuche 
drangen. „Die schwerste Verdammniß der Seele“, so schließt 
er die von ihm übergebenen Beschwerden, „erwächst aus dem 
Argerniß, das der geistliche Stand giebt; daher ist nöthig, daß 
eine gemeine Reformation geschehe, die nicht bequemer gemacht 
werden kann dem durch ein christlich Koncil“ und bezeichnet 
damit zugleich die beiden Gesichtspunkte, von denen aus er über- 
haupt diese Angelegenheit betrachtete. Denn unter Reformation 
verstand er zunächst und hauptsächlich nichts anderes als die 
Besserung des geistlichen Standes, diese aber hatte nach ihm 
nur von der Kirche selbst und den gesetzlichen Gewalten aus- 
zugehen, nicht von einem Einzelnen, der sich vermesse „als sei 
er allein Iur mundi“. 1) In diesem Sinne sprachen auch seine 
Umgebungen, sein Kanzler Pflug, sein Secretär Emser, den 
Luther wegen seines Wappens den Bock zu Leipzig nannte, und 
seine Bischöfe, die er übrigens, wie seine ganze Geistlichkeit, 
weislich in ihren Schranken zu halten wußte. In Luthers Re- 
formation sah er vorzugsweise nur die Auflehnung gegen die 
gesetzliche Ordnung, eine Auffassung, in der ihn die Schwärmerei 
der Wiedertäufer, der Bilderstürmer, der Bauernkrieg nur be- 
stärken mußten; Luther selbst war und blieb ihm der aus- 
gelaufene Mönch, der sein Gelübde gebrochen hatte, und in 
dieser Abneigung bestärkten ihn ebenso die Mißbelligkeiten mit 
den Ernestinern wie der in Leipzig herrschende reactionäre Geist. 
1) Seckendorf, Hist. Lutheran., p. 146.
	        
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