Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

582 Herzog Moritz von Sachsen. 
Frafschaft Leisnig abschlug. Am wenigsten gefiel ihm das Treiben 
an des eigenen Vaters Hofe, indem Heinrichs Nachgiebigkeit 
gegen Gemahlin und Näthe und den Kurfürsten des Sohnes 
Sinne für Selbständigkeit kaum entsprechen konnte. Desto eher 
schloß er sieh an den kräftigen Landgrafen Philipp von Hessen 
au. Der verschiedene Geist dieser fünf Fürsten und ihrer Höfe 
mußte auf den jungen, lebhaften und reizbaren Fürsten einen 
eigenen Eindruck machen und namentlich mag die Rücksicht, die 
er von IJugend au sich auferlegen musite, um es weder mit dem 
katholischen Herzog Georg# noch mit dem protestaulischen Kur- 
fürsten zu verderben, ihn frühzeitig gelehrt haben, sich jene 
diplomatische Feinheit des Benehmens anzneignen, in der er 
später so große Meisterschaft bewies. Entschieden für den Pro- 
testantismus entschied er sich gegen den schmalkaldischen Bund, 
obgleich er ihn früher mit seinem Vater zugleich unterschrieben 
hatte (wie es ihm 1343 noch vorgeworfen wurde). Gewiß 
täuschte sich Moritz keinen Angenblick darüber, daß die Stellmg, 
welche die Protestanten eingenommen hatten, nothwendigerweise 
zu einem Conflict zwischen ihnen und der Reichsgewalt führen 
müsse; sich aber der Leitung des älteren ernestinischen Vetters 
unterzuordnen mochte ihm um so unerträglicher erscheinen, je 
mehr er sich seiner geistigen Uberlegenheit über ihn bewußt war. 
Moritz gab sich dem Kaiser hin, als er bei diesem fast allein 
die Kraft und Energie entdeckte, die seinem eigenen Sinn ent- 
sprach; er fühlte, er brauche eine andere Bahn, als auf welche 
das Schicksul iyn zunächst gestellt, und er beschloß sich dieselbe 
zu brechen. Ob diese dam über fremde Fluren führe, ob 
Vettern und Verwandte an ihm irre würden, ob seine Unter- 
thauen ihn verkennen dürften, vas schienen Nebenfragen, die 
bei einem einmal feststehenden Entschlusse einen Moritz — er- 
kennen wir ihn recht — kaum hindern mochten und gewiß in 
einem andern Entschlusse ein für Moritz vollgiltiges Gegen- 
gewicht fanden, nämlich den Protestantismus selbst nie aufzu- 
geben. Unmd wer mag bei der Combinationsfähigkeit eines so 
feurigen Gemülhs gewiß sein, daß er sich nicht selbst vielleicht 
schon mit dem Gedanken schmeichelte, sich eine Stellung zu er 
ringen, wo er der neuen Lehre weit wesentlichere Dienste leisten
	        
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