590 Kurfürst Moritz.
andere Privilegien bedrohe, Einspruch erhoben, so war es ins-
besondere des Kaisers Verfahren gegen seinen gefangenen
Schwiegervater, was ihn peinlich berührte und dies um so
mehr, als er nicht nur sich selbst sagen mußte, sondern auch
die öffentliche Meinung dahin ging, daß er nicht ohne Schuld
au dessen traurigem Schicksale sei. Von dem Landgrafen mit
Klagen, Bitten und Vorwürfen bestürmt, von den Söhnen
desselben, die alle Vertragspunkte auf das gewissenhafteste zu
erfüllen sich beeiferten, wiederholt zu dem versprochenen Einlager
nach Kassel eingemahnt, hatte er sich im Verein mit Kurfürst
Joachim an Ferdinand und an Granvella gewendet, aber mit
so schlechtem Erfolge, daß des Landgrafen Haft nur noch härter
wurde. Es bezeichnet die peinliche Lage, in der sich Moritz
befand, daß er so lange wie möglich vermied, mit dem Kaiser
unmittelbar zu verhaudeln, und dieser legte auch seiner Ver-
wendung um so weniger Gewicht bei, weil es ihm nicht nur
ganz undentbar schien, daß der, den er als dads Geschöpf seiner
Gunst ansah, in ernstliche Opposition gegen ihn treten könne,
wie denn in der That den Kurfürsten das Gefühl der Unsicher-
heit im Besitz der frischgewonnenen Kur, die Sorge vor dem
gefangenen Johann Friedrich zur äußersten Vorsicht mahnte,
sondern auch weil er sich dem Laudgrafen gegenüber in seinem
vollen Rechte fühlte. Er deducirte öffentlich, daß er durchaus
nichts über die hallische Kapitulation mit Philipp vorgenommen,
wie auch die beiden Kurfürsten dies gewußt und ihm bezeugt
hätten, ja daß die Fürsten eigentlich dem Geächteten ohne des
Kaisers Vorwissen nicht einmal jene Bürgschaft hätten leisten
dürfen. Eine sächsisch-brandenburgische Gegenerklärung befreite
auch wirklich den Kaiser von aller Beschuldigung, nur wäre der
Mißverstand aus allerhand Bei= und Neben-Häudeln mit den
kaiserlichen Räthen und aus Untenntniß der Sprache hervor-
gegangen; sie gingen daher die Reichsstände an, mit ihnen zu-
gleich den Kaiser zu bitten, daß er den Gefangenen, dem Karl
sogar die schriftlichen Versicherungen der Kurfürsten, doch ver
geblich, hatte abfordern lassen, in Freiheit setze. Aber Karl
blieb unbeweglich ).
1) Eine sehr eigenthümliche Scene zwischen Carlowitz und Morib im