608 Eröffnung des Kriegs gegen den Kaiser.
nur Nachegedanken gegen ihn hegte. Es ist nicht daran zu
denken, daß Karl sich habe täuschen lassen; er war vielfach ge-
warnt, aber er traute den „tkollen und vollen Deutschen nicht
eine solche Feinheit und List zu, daß er ihnen darin nicht über-
legen seia, am wenigsten einem Fürsten, den er vollständig glaubte
berechnen zu können; er meinte ja für den schlimmsten Fall in
dem gefangenen Johann Friedrich „einen Bären an der Kette
zu führen, den er nur loszulassen brauche um jenen Jüngling
zu erwürgen““. Wie es ihm einst gegen den schmalkaldischen
Bund so trefflich gelungen, so gedachte er auch jetzt Moritz so
lange durch Unterhandlungen zu tänschen, bis er seine zer-
streuten Kräfte zum vernichtenden Schlage gegen ihn gesammelt
habe, ohne zu ahnen, daß sein Zögling ihm gegenüber dasselbe
Spiel mit überlegener Gewandtheit spielen könne.
Um für den. Fall des Mißlingens seinem Hause den Besitz
der Länder zu sichern, übertrug er für die Dauer seiner Ab-
wesenheit, da er, wie er, seinen Aufang März zu Torgau ver-
sammelten Ständen erklärte, dem Einlager nach Kassel sich nicht
länger entziehen könne, die Regierung seinem Bruder August.
Umsonst mahnten die erschreckten Stände, die den Vorwand um
so leichter durchschauten, als der Kurfürst gleichzeitig seine Theo-
logen von der Reise nach Trident zurückrief, dringend von allen
gewaltsamen Maßregeln ab. und brachten gütliche Verhandlungen
in Vorschlag. Moritz eilte zu seinen um Mühlhausen und
Nordhausen gesammelten und durch frische Landsknechtscharen
verstärkten Truppen; am 20. März brach er über den Thü-
ringerwald nach Franken auf, vereinigte sich zu Bischofsheim
mit Wilhelm von Hessen, zu Nothenburg mit Albrecht von
Culmbach und am 5. April hielten die Verbündeten ihren Ein-
zug in Angsburg, wo sofort das durch Karl abgeschaffte Regi-
ment der Zünfte (statt der Geschlechter) und die Lehre rein
evangelischer Prediger (statt der des Inrerims) wiederhergestellt
wurden, während gleichzeitig auch der König von Frankreich
nach Lothringen vordrang. Ein Manifest, welches Moritz gleich
seinen Verbündeten erließ, verkündete der Welt, daß er zu den
Waffen gegriffen habe. zur Abwendung der Bedrängniß der
Gewissen, wegen Gefangenhaltung des Landgrafen und um das