Johann Friedrichs des Großmülhigen Rückkehr. 617
Wie wenig auch Johann Friedrich seine Befreiung den Be-
mühungen des Küurfürsten, seines Vetters, verdanken wollte,
und wie wenig auch wirklich im passauer Vertrage desselben
gedacht wurde, so war sie doch mittelbar das Werk des sieg-
reichen Moritz. Auf die halbe Befreiung im insbrucker Schloß-
garten (21. Mai) erfolgte am 1. September 1552 die völlige
zu Augsburg. Schon bald nach der Gefangenschaft hätte er zu
Jena, wo ihn der Kaiser vergessen haben soll, dann in den Nieder-
landen, wo auf der Jagd seine Wache sich von ihm verirrte,
entkommen können. Er wollte aber Gottes Schickungen willig
und fromm ertragen 2), und seine Leiden theilte gern und frei-
willig sein alter treuer Meister Lucas [Cranach], der Maler,
mit ihm. Vor seiner Befreiung mußte Johann Friedrich (27.
August) einen Revers unterschreiben, der die wittenberger Kapi-
tulation aufs neuc bestätigte, und daun erhielt er durch den
sogenannten Restitutionsbrief 3) die Entbindung von der Reichs-
acht, die Einsetzung in seine Würden und Länder, so viel ihm
deren der 19. April 1547 gelassen hatte, die Mitbelehuschaft
sämmtlicher sächsischen Länder und seines Antheils an der Erb-
verbrüderung mit Hessen. Auch der Wiederaufban der Festung
Gotha wurde ihm verstattct.
Die Rückkehr Johann Friedrichs über Nürnberg, Bamberg
lach Koburg glich einem Triumphzug. Vor letzterem Orte
kam ihm sein treuer Halbbruder Johann Ernst unter Freuden-
thräuen entgegen. Auch die Kurfürstin Sibylle, die mit großer
Seelenstärke ihr schweres Verhänguiß getragen, kam von Weimar,
wohin sie nach Wittenbergs Fall übergesiedelt war und legte
unn die Trauerkleider ab. Zu Saalfeld fand er die Land-
stände. Zu Jena empfingen ihn die Professoren und Studenten,
acht Grafen an der Spitze. Deß freute sich der Kurfürst sehr
und sagte zu Meister Lucas: „sieh', das ist Bruder Studium!“
2) G. A. de Wette, Kurzgesaßte Lebensgeschichlc der Herzz. zu
Sachsen (1770), S. 42. Die wahrhaft frommnen Trostbriese Johann
Fricdrichs an seine Söhne und Gemahlin in Weichselfelders Leben
dicscs Fürsicn, S. 719 ff.
3) Der Restitutionsbrief bei Weichselfelder im angef. Were,
S. 814b#ff.