Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

72 Burgwarten. 
In diesen festen Plätzen, von denen die meisten sich zwischen 
Elbe und Saale befanden, war die Kirche des Bezirkes, während 
im offenen Lande nur hin und wieder Capellen standen, waren 
die Magazine für den Fall der Noth, war Handel und Ver- 
kehr und die Errichtung der Zehenten, Steuern und Abgaben, 
und wohl auch die Gerichtsstätte. Die Sicherheit des Platzes 
mehrte seine Einwohner, und so wuchsen manche derselben all- 
mählich selbst zu Städten an, oder veranlaßten, wie bei anderen 
Burgen, bei Klöstern und Pfalzen, daß Städte unter ihrem 
Schutz um sie herum sich bildeten. Jede solche Burg hatte 
ihren besonderen Vorsteher, der ihre Bewachung und Verthei- 
digung leitete; dies sind die sogenannten Burggrafen, castel- 
lani oder praefecti urbium, Stadt= oder Burg-Kommandanten, 
als deren ältesten, uns namentlich bekannten, wir wohl den custos 
urbis Rikldag zu Meißen anzusehen haben, der 984 an der 
Triebisch erschlagen wurde, demnächst den Ozer, der 1002 eben- 
daselbst als dominus urbis genannt wird 1). Noch zu Bischof 
Thietmars Zeit bezogen außerdem die geistlichen und weltlichen 
Herren im Limes sorabicus abwechselnd die Burgwache (custo- 
dia urbis) in diesen Plätzen, wobei sie sich, wie es scheint, 
monatlich ablösten. 
Als solche inländische Burgwarten kommen Pesterwitz, Bries- 
nitz, Gostebaude, Dohna, Gödau, Woz (Weißig ?), Zadel, Bo- 
riz, Dröschkan, Barby an der Elbe; Wurzen, Bichen, Eilenburg, 
Zolnitz, Rochlitz an der Mulde; Giebichenstein, Nienburg, 
Sputinesberg (Rothenburg), Rosenburg, Sköhlen, Grimmers- 
leben an der Saale; Treben, Pouch, Biederitz und Möckern 
bei Magdeburg und noch andere vor. ) Viele andere Ver- 
hältnisse lassen, sich am Ende dieses folgenden Zeitraums, wo 
mit, der Erblichkeit der Markgrafschaft ihre Verwaltung eine 
festere Richtung bekam, schon deutlicher darstellen. Es mußte 
sich bald zeigen, ob die Ausbildung und Wirksamkeit des Lehens- 
’1) Thietm. IV, 4. V, 6. — Im Allgemeinen erwähnt sie schon im 
J. 939 Widuk. II, 18: „Dadi.: mandavit ad praefetos urbium, 
qui erant in oriente partis dteis Reinrici.“ 
2) Ein von Märker (Burggrafthum Meißen, S. 6) vervollttändigtes 
Verzeichniß der Burgwarten (die den slavischen Castellaneien zu entsprechen 
scheinen) bel Schöttgen, Diplom. Nachl., 7. Thl., S. 384 mit einem
	        
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