Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Norddeutscher Bund von 1806. 627 
sehend von jeder Mediatistrung und den Zweck des Bundes 
auf die reine Defensive beschränkend zu dem Grundsatze der 
Gleichberechtigung sämtlicher Theilnehmer zurückkehrte, für 
Preußen nur die Direction in der Bundesversammlung und 
den Oberbefehl über das Bundesheer beanspruchte. 
Dies war der Entwurf, welchen Haugwitz zugleich mit 
dem hessischen Allianztractate dem mittlerweile in Berlin ein- 
getroffenen Grafen Görtz vorlegte 1). Die Ankunft des sächsischen 
Gesandten traf mit zwei wichtigen Ereignissen zusammen: am 
6. August hatte der Kaiser von Österreich die Würde eines 
römischen Kaisers niedergelegt und das Band, das ihn bisher 
mit dem deutschen Reiche verbunden, für gelöst erklärt; am 7. 
August langte in Berlin die Nachricht an, daß Napoleon mit 
England über die Rückgabe Hannovers unterhandle. Jenes 
gab, indem es auch der letzten Rücksicht auf das Reich entband, 
freiere Hand und rückte den Gedanken an die Kaiserwürde über 
Norddeutschland mehr in den Vordergrund, dieses zerstreute 
den letzten Zweifel über Napoleons wahre Absichten gegen 
Preußen, das jetzt für die Vermessenheit ihm drohen zu wollen, 
büßen sollte. Das Gefühl des angethanen Schimpfes bewirkte, 
daß die bisherige Zaghaftigkeit plötzlich in den übereilten Ent- 
schluß zum Kriege umschlug, aber doch ohne daß der rechte und 
volle Ernst dazu vorhanden war. Preußens isolirte Lage, in 
der es weder von Osterreich noch von England, von Rußland 
wenigstens nicht auf rechtzeitigen Beistand rechnen konnte, wurde 
unter diesen Umständen ein neuer Sporn den Abschluß des 
Unionswerkes zu betreiben. Haugwitz glaubte Sachsens Eifer 
durch die Aufforderung befeuern zu müssen, der Kurfürst möge 
sogleich die königliche Würde aunehmen, was daun in den 
Bundesvertrag ausgenommen werden solle, Hessen, welchem 
dieselbe ebenfalls angetragen worden, wünsche zunächst eine 
Vergrößerung und wegen jener sich nach Sachsen zu richten; 
aber er machte damit keinen Eindruck. Graf Loß wiederholte 
nach Eingang der beiden Entwürfe die Betheuerung, daß der 
1) Archiv für sächsische Geschichte VI, 73. 
40“
	        
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