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nicht in Einklang stehen, die notwendige Übereinstimmung ohne
Verzug wieder zu bewirken.“ Am 27. September 1851 teilte der
Senat der Bürgerschaft mitt,) er habe die Verfassung gemäß dem
Bundesbeschluß einer Prüfung unterworfen; zweierlei sei notwendig:
„unbedingte Entfernung des mit den Fundamentalsätzen des Bundes-
rechtes in gradem Gegensatz stehenden Prinzips der sogenannten Volks-
souveränität und eine angemessene Kräftigung der Regierungsgewalt".
Dementsprechend legte er der Bürgerschaft die fertigen Entwürfe eines
Wahlgesetzes für den Senat und für die Bürgerschaft und weitere,
bestimmt formulierte Anträge vor und verlangte sofortige Neuwahl
einer Bürgerschaft auf Grund des vorgelegten Entwurfes zur weiteren
Revision der Verfassung. Der gewöhnliche Weg der Verfassungs-
änderung sei nicht gegeben; „gegenwärtig handelt es sich nicht um
Abänderungen, welche dem freien Ermessen von Senat und Bürgerschaft
überlassen sind — ihr Eintritt ist Folge höherer Notwendigkeit, —
sondern einfach um Feststellung derjenigen Bestimmungen, welche an
Stelle dessen zu treten haben, was kraft des Bundesrechts keine
Wirksamkeit mehr hat.“
In ihrer Antwort 2) erkannte die Bürgerschaft die höhere Gewalt
des Bundes an, mißbilligte jedoch die Vorschläge des Senats und
wollte sich zu einer Revision der Verfassung nur auf verfassungs-
mäßigem Wege verstehen. Der Senat erwiderte, er werde die
Bundesversammlung von dem Erfolg seiner Bemühungen in Kenntnis
setzen.“)
Dieses Vorgehen des Senats, den verfassungsmäßigen Weg von
vornherein für ausgeschlossen zu erklären, war rechtlich nicht haltbar;)
faktisch befand er sich in einer Zwangslage, da die Bürgerschaft in
ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung einer Revision, wie sie, wenn
auch vielleicht nicht rechtlich nach den Grundgesetzen des Bundes,
doch jedenfalls aus politischen Gründen notwendig war, nie zu-
gestimmt hätte.
) Verh. 1851 S. 377.
2) vom 8. Oktober 1851. Verh. 1851 S. 397.
3) Verh. 1851 S. 398.
4) Daß die Rechtskontinuität bei dieser Entwicklung nicht gewahrt sei,
nimmt auch Sievers an. (Brem. Staatsrecht § 2 S. 70 Anm. 1.)