Full text: Bremisches Staats- und Verwaltungsrecht.

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sich nach Belieben zu betätigen, oder über die politische Freiheit der 
Anteilnahme der Bürger an der Bildung des Staatswillens. Die 
Freiheit des Bürgers hat mit der Staatsform nichts zu tun. 
Nach der herkömmlichen Einteilung der Republiken in Aristokratien 
und Demokratien ist Bremen eine Demokratie, indem nicht eine so— 
genannte Minderheit, ein bestimmter Stand, sondern das Volk, die 
Mehrheit der erwachsenen, männlichen Bürger am letzten Ende den 
Staatswillen bildet.!) Weil dieses Volk aber nicht unmittelbar als 
Herrscher tätig wird, sondern seine Befugnisse sich erschöpfen mit der 
direkten oder indirekten Wahl der höchsten Staatsorgane, ist es weiter 
eine Repräsentativdemokratie. 
In anderer Bedeutung kann man sagen, daß der Senat, aus 
Wenigen bestehend und vermöge seiner Stellung dem Volkswillen 
nicht unmittelbar erreichbar, das aristokratische Element in der Ver— 
fassung ist, dem das demokratische der Bürgerschaft gegenübersteht — 
Donandt, Zur Geschichte der Demokratie in der Bremischen Verfassung, 
— und daß die Verfassung eine Mischung von Demokratie und 
Aristokratie zeige (Sievers, Staatsrecht der Freien Hanzestadt 
Bremen S. 71). 
Der Verfassungsentwurf von 1837 und die Verfassung von 
1849 sprachen beide den Grundsatz der Volkssouveränität aus: Entw. 
von 1837 Art. 3, „Die Selbständigkeit des Staats, so wie alles 
dem Staate zuständige Eigentum ist ein Gemeingut der Gesamtheit 
der Staatsbürger;“ Art. 4: „Als die Gesamtheit vertretende organische 
Staatsbehörden . . . bestehen . . . A. der Senat, B. der Bürgerkonvent.“ 
Verf. von 1849 Art. 2 § 3: „Alle Staatsgewalt geht von der 
Gesamtheit der Staatsbürger aus.“ In jenem Entwurf war der 
Grundsatz leere Phrase, die Gesamtheit hatte in Wirklichkeit keinen 
anerkannten Willen; in der Verfassung von 1849 war er lebendiges, 
wirksames Prinzip, der Wille der Gesamtheit kam in der herrschenden 
Bürgerschaft zum Ausdruck, in den wichtigsten Fällen erschien sie 
sogar selbst auf dem Plan.:) Diese Bestimmung der Verfassung 
von 1849 ist mitsamt allen Konsequenzen des Prinzips der Volks- 
souveränität in der Verfassung von 1854 beseitigt.') Die heutige 
Verfassung sagt nichts darüber, wer oberster Inhaber oder Träger 
1) Rehm, Allgemeines Staatsrecht § 44. 
2) oben § 2 S. 10. 
8) oben S. 11.
	        
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