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b) Gemeinschaftliche Beratung und Bearbeitung von Gegen-
ständen der gemeinschaftlichen Wirksamkeit erfolgt in den
Deputationen; über sie § 31 f.
J) Zu vertraulicher Vorberatung eines mit einem andern Staat
abzuschließenden Vertrages, also in einem Stadium, wo die Erledigung
an sich allein Sache des Senats sein würde, hat dieser in einigen
wichtigen Fällen 1) Einsetzung eines gemeinschaftlichen „Vertrauens-
ausschusses“ bei der Bürgerschaft beantragt; er hat mit Recht
betont, daß auf einen solchen die Bestimmungen über die für Gegen-
stände des gemeinschaftlichen Wirkungskreises vorgesehenen Deputationen
(Verf. § 89) nicht ohne weiteres Anwendung fänden. Die Gesetze
enthalten nichts über solche gemeinschaftlichen Vertrauensausschüsse.
Es ist ein Entgegenkommen des Senats, in diesen wichtigsten Fällen
Vertrauensmänner der Bürgerschaft zur Beratung heranzuziehen;
andererseits steht es bei der Bürgerschaft, ob sie dieses Entgegenkommen
in der gebotenen Form annehmen will.2)
§ 30. Meinungsverschiedenheiten zwischen Senat und
« Bürgerschaft.
Die Möglichkeit von Verfassungskonflikten ist mit dem Vorhanden-
sein mehrerer höchsten Organe gegeben. Diese Möglichkeit ist im
Bremischen Staat größer als in den konstitutionellen Monarchien
Deutschlands, weil die Reibungsfläche entsprechend dem Umfang des
gemeinsamen Wirkungskreises größer ist. Überdies fehlen die kon—
stitutionellen Mittel zum Ausgleichversuch, Kammerauflösung und
Ministerwechsel. Das staatliche Leben muß sich hier um so mehr in
Kompromissen, einem fortwährenden Nachgeben der einen oder anderen
Seite, bewegen.
Gleich den Verfassungen von Hamburg und Lübeck sieht auch
die Bremer Verfassung Mittel zum Ausgleich von Meinungsverschieden-
heiten zwischen Senat und Bürgerschaft vor (8 66).8)
1) So bei den Zollvertragsverhandlungen, Verh. 1864 S. 363, 377;
ferner bei den kriegerischen Verwicklungen 1866, Verh. 1866 S. 355. Ahnlich
in Hamburg, v. Melle a. a. O. S. 175 Anm. 1. Die Lübecker Verf. Art. 52
sieht Geheimkommissionen von Senat und Bürgerschaft bei Staatsverträgen
und außergewöhnlichen Gelegenheiten mit besonderer Vollmacht zum Abschluß vor.
2) Uber Ablehnung eines solchen Anerbietens bei Gelegenheit der Ver-
handlungen über ein zu errichtendes Oberlandesgericht: Verh. 1877 S. 17.
3) Es ist dies übrigens keine republikanische Besonderheit. Auch die