150 II. Abschnitt. Der Strabenverkehr.
die Omnibusse in London siebenmal so viel, als in Großbritannien wohnen.
In Berlin nebst Vororten („Grobberlin“) kommen auf den Kopf der Be-
völkerung 1870 nur 2, 1910 dagegen 267 Fabrten auf den Land-
und Wasserverkehrswegen ohne Droschken und Kraftwagen, also auf
Omnibussen, Strabenbahnen, Stadt- und Ringbahnen, Hoch- und Unter-
grundbahnen und Dampfschiffen. Diese Verkehrsmittel befördemnen
1870: 1,86 Mill, 1880: 62,85 Mill., 1890: 202,33 Mill., 1900: 459,41 Mill.
und 1910: 919,69 Mill. Personen. Die Zahl für 1910 ist mehr denn
14 mal so groß als die damalige Bevölkerung des Deutschen Reichs.
Von diesem riesigen Verkehre bewegen sich auf den ohnehin mit Fubr-
werken aller Art belasteten Strabßen in Omnibussen 1415,99 Mill., und in
Strabenbahnen 549,03 Mill, so daß in diesen beiden Verkebhrsmitteln
allein schon fast 700 Mill. Menschen durch die Berliner Straßen geführt
werden.
Die Ortsstraben sind weiter wichtige Zufuhr- und Verteilungswege
für Gebrauchsgegenstände (Ililch, Gemüse u. dgl.) aus der nächsten Um-
gebung und unentbehrliche Verbindungs-, Zufuhr- und Verteilungswege
für alle Arten von Verkehrswegen, die von dem Orte nach außen gehen
und in ihn einmünden. Auch diese Bedeutung ist in den großen Städten
besonders entwickelt.
Die Bedeutung der Landstralßen liegt natürlich auf einem anderen
Gebiete; da sie dem Verkehre von Ort zu Ort dienen, mub ihre Ver-
kehrsbedeutung auch an den großben, die Länder überspannenden Ver-
kebrswegen gemessen werden. Auch so angesehen, haben die Land-
straben gewisse Vorzüge, wie schon im I. Abschnitte, Kapitel 1, § 6,
ausgeführt worden ist. Die Landstraßen ermöglichen eine weite Verästelung,
ohne in so störender Weise die bewohnten Gegenden zu durchschneiden.
wie die Eisenbahnen. Auch ibre Fähigkeit, Höhenunterschiede zu über-
winden, ist verhältnißmäßig groß, ohne daß besondere Veranstaltungen
nötig werden. Sie gestatten weiter das Be- und Entladen an jeder be-
liebigen Stelle und sind in vielseitigster Weise für jedermann unter Zu-
lassung freien Wettbewerbes verwendbar. Die Anlagekosten sind im
allgemeinen nur mähig.
Im Anfange des 19. Jahrhunderts kostete die Anlage einer deutschen
Meile Staatschaussee in Preußen 36—45 000 M. unter günstigen Um-
ständen und höchstens das doppelte unter sehr schwierigen Ausnahme-
verhältnissen. Das ergab für 1 km höchstens 12000 M. Anlagekosten.
In den 30er Jahren rechnete man im Durchschnitt in Preußen
60000 M. für die Meile. So billig sind die Anlagekosten freilich nicht
geblieben. Man rechnet heute im Durchschnitt in Preußen 18—20000 M.
Anlagekosten für 1 km. Bei den Klinkerchausseen in den Marschen
steigen die Kosten sogar auf 30000 M. In Frankreich kostete 1 km
Staatsstrabe Anfang der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts 20000 Frs.,