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die preußische Mitgliedschaft des Bundesrates Zutritt zum
Reichstage.
Als Rechte des Reichstages kommen in Betracht Rechte der
einzelnen Mitglieder und der Gesamtheit.
Rechte der einzelnen Mitglieder:
a) Außerungsfreiheit. Für die in Ausübung des Berufes
getanen Außerungen, also im Plenum wie in den Abteilungen und
Kommissionen, ist jede Verantwortung außerhalb der Versamm-
lung, gerichtlich oder disziplinar, ausgeschlossen (RV. Art. 30,
Str G. § 11).
b) Freiheit von Strafverfolgung und Verhaftung (Unter-
suchungshaft und Zivilhaft). Während der Dauer der Sitzungs-
periode darf sie nur erfolgen mit Genehmigung des Reichstags oder
bei Ergreifung auf frischer Tat oder im Laufe des folgenden Tages.
Ein schon schwebendes Verfahren wird auf Verlangen des Reichs-
tags für die Dauer der Sitzungsperiode unterbrochen (RV. Art. 31).
c) Diätenanspruch. Art. 31 RV. enthielt ein Diätenverbot,
worin nach Bismarcks Auffassung ein Gegengewicht gegen das all-
gemeine Wahlrecht liegen sollte, wurde aber als Lex imperfecta
durch Parteidiäten verletzt. Das Diätengesetz vom 31. Mai 1906
billigt jetzt den Abgeordneten von Reichs wegen Entschädigung zu.
Diese besteht in freier Eisenbahnfahrt und jährlich 3000 Mark in
verschiedenen Raten. Für jeden Tag Fehlen bei einer Plenar-
sitzung, was durch Nichteintragung in eine Anwesenheitsliste oder
Fehlen bei einer namentlichen Abstimmung festgestellt wird, kommen
jedoch 20 Mark in Abzug. Auch darf jemand als Mitglied einer
anderen politischen Körperschaft nur Diäten beziehen, soweit er sie
im Reichstage nicht erhält. Vertagung nach Art. 12 RV. gilt als
Nichtversammlung.
Rechte der Gesamtheit:
Der Reichstag als unselbständiges Staatsorgan wirkt in den
Formen der Zustimmung und Genehmigung. Die Zustimmung,
Einwilligung zu einem Staatsakte, der erst erlassen werden soll,
ist die Regel, namentlich bei der Gesetzgebung. Genehmigung, Ein-
willigung zu einem Staatsakte, der bereits erlassen ist, bildet die
Ausnahme.