Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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alles darauf hinaus, daß zu einem Staate dreierlei gehört, ein 
Land, ein Volk und die Zusammenfassung beider unter einer 
höchsten Obrigkeit. 
Jeder Staat hat ein Land. Die Nomadenhorde, der wan- 
dernde Stamm der Völkerwanderung, ein Burentrek besitzen eine 
Organisation, worin die Elemente des Staates enthalten liegen, 
es handelt sich um einen werdenden zukünftigen Staat. Doch es 
ist noch kein Staat im Sinne der Kultur der Gegenwart. Der 
Staat hat ein Land, einen fest abgegrenzten Teil der Erdober- 
fläche, als Grundlage seiner Gebietshoheit. Kraft dieser betätigt 
er eine ausschließliche Herrschaft, völkerrechtlich negativ durch Aus- 
schließung anderer Staaten von jeder Einwirkung auf sein Gebiet, 
staatsrechtlich positiv durch Ausübung aller möglichen Herrschafts- 
rechte gegenüber seinen Untertanen. 
Jeder Staat hat ein Volk. Das Land allein tut es nicht. 
Die Inseln um den Nordpol und der Südpolarkontinent sind nie 
Grundlage der Staatsherrschaft gewesen. Das Volk ist die Ge- 
samtheit der Staatsangehörigen ohne Rücksicht auf ethnischen und 
sprachlichen Zusammenhang. Sie unterliegen der Staatsherrschaft 
nicht nur wie die Fremden wegen der zufälligen räumlichen Ver- 
bindung mit dem Gebiete. Sie sind vielmehr durch ein persön- 
liches Band an ihre Staatsgewalt gebunden. Vermöge dessen hat 
der Staat ein persönliches Gewaltrecht gegenüber seinen Ange- 
hörigen, in dem alle möglichen Herrschaftsrechte enthalten liegen, 
und dem entspricht die umfassende Verpflichtung der Untertänigkeit 
der Staatsangehörigen unter ihre Staatsgewalt. Diese Untertänig- 
keit ist daher auch unabhängig von dem Aufenthalte der Staats- 
angehörigen im Inlande. Der Staat kann sein Recht nur beim 
Aufenthalte seiner Untertanen im Auslande gegenüber der aus- 
schließlichen Gebietshoheit des fremden Staates nicht ausüben. 
Land und Volk stehen in keinem notwendigen Zusammen- 
hange miteinander. Das Natürliche in der Regel ist es allerdings, 
daß die große Masse der Staatsangehörigen sich im Inlande auf- 
hält, und die große Masse der Bewohner die Staatsangehörigkeit 
besitzt. Wo diese Regel durchbrochen wird, entstehen unnatürliche Zu- 
stände und gewaltsame Reaktionen (südafrikanische Uitlanderfrage).
	        
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