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Mittel glaubt man nach englischem Vorbilde gefunden zu haben
in der Ministerverantwortlichkeit.
Der Monarch ist unverantwortlich und unverletzlich. Aber
alle Regierungsakte bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeich-
nung eines Ministers, der dadurch die Verantwortlichkeit über-
nimmt. Ohne die Gegenzeichnung handelt es sich nicht um Staats-
akte, die den verfassungsmäßigen Gehorsam erfordern, wenn auch
politisch bedeutsame Erklärungen vorliegen mögen. Durch die
Gegenzeichnung wird die Erklärung legalisiert zum Regierungsakte,
der Rechtsfolgen nach sich zieht.
Wie kommen nun die Minister dazu, die Verantwortlichkeit
zu übernehmen? Man hat behauptet, jede Schuld erfordere eine
Sühne. Da die Schuld des Monarchen in ihm wegen seiner Un-
verantwortlichkeit nicht gesühnt werden könne, seien die Minister
dazu auserkoren. Diese Prügelknaben-Theorie übersieht den not-
wendigen Zusammenhang zwischen Schuld und Sühne. Montes-
quien (Esprit des lois, liv. XI, chap. 6) meint dagegen, der
Monarch sei immer von den besten Absichten beseelt, nur die
schlechten Ratgeber seien schuld, wenn er Unrecht tue, deshalb
müßten sie büßen. Das ist statt wirklicher Schuld präsumierte
Schuld, überdies trifft die günstige Vermutung für den Monarchen
nicht immer zu, wie wiederum Richard III. zeigt. Benjamin Con-
stant (Cours de politique constitutionelle, Bruxelles 1836, vol. I,
S. 428) will den Ministern die Exekutive, dem Monarchen nur ein
Pouvoir modérateur geben, kraft dessen er überhaupt nichts, also
auch kein Unrecht tun kann; die Minister würden dann ihre eigenen
Regierungshandlungen vertreten. Das widerspricht den Grund-
lagen des monarchischen Prinzips. Der Monarch ist und bleibt
unverantwortlich. Aber die Minister haben die Regierungsakte zu
legalisieren. Wenn sie das rechtswidrig tun, machen sie sich ver-
antwortlich und haben dieses ihr Verschulden zu vertreten.
Doch die Notwendigkeit ministerieller Gegenzeichnung und da-
durch bedingter Verantwortlichkeit ist nicht ausnahmslos. Sie gilt
zunächst nur für Regierungsakte, also verfügende Willenserklärungen
des Monarchen. Sonstige Erklärungen, wie Tischreden usw., so
politisch bedeutsam sie sein mögen, werden durch die Minister-
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