Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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Landesvertretung entfaltet, bis sie auf dem Festlande durch die 
absolute Monarchie abgelöst wurden. Für den vorliegenden Zweck 
ist nur die Entwicklung der deutschen Landstände näher zu ver- 
folgen. Sie fand statt in drei Stufen. 
Die erste Stufe bildet die Aneignung der ortsobrigkeitlichen 
Gewalt durch die besitzenden Klassen in Stadt und Land zu eige- 
nem Rechte. Nachdem in der spät- und nachkarolingischen Zeit 
durch die Verbindung der Grafengewalten mit dem größeren geist- 
lichen und weltlichen Grundbesitze die deutsche Landeshoheit erwachsen 
war, setzt sich diese Entwicklung, befördert durch das Teilungswesen, 
nach dem Untergange der Hohenstaufen fort in den Einzelgebieten. 
Rittergutsbesitzer, geistliche und städtische Gemeinschaften erwerben 
die ortsobrigkeitliche Gewalt zu eigenem Rechte. Dem Landesherrn 
selbst bleibt sie nur in seinen Domänenämtern. Uberall sonst ist 
er auf die selbständigen Ortsobrigkeiten angewiesen, in denen sich 
auch die bewaffnete Macht des Landes verkörpert. 
Daraus ergibt sich die zweite Stufe, die Bildung der Land- 
stände. Will der Landesherr irgendeine Anordnung treffen, die 
über das Gebiet seiner Domänenämter hinausgeht, will er insbe- 
sondere eine Steuer erheben, wozu die Befugnis in der Landes- 
hoheit nicht enthalten war, so muß er sich vorher zu vergewissern 
suchen, ob die selbständigen Ortsobrigkeiten seinen Willen auch 
durchführen wollen. Das geeignete Mittel dazu ist die Vereinigung 
sämtlicher Ortsobrigkeiten zu der allgemeinen Versammlung der 
Landstände. Etwa ein Menschenalter nach Beginn der Verschleu- 
derung der Ortsobrigkeit, also etwa seit 1280, erscheinen sie in 
den einzelnen Gebieten Deutschlands als ständige Einrichtung auf 
der Bildfläche. Die Doppelbildung germanischen Staatslebens von 
Obrigkeit und Volksfreiheit findet darin einen neuen Ausdruck, in- 
dem sich die alte Volksfreiheit in die herrschenden Stände zurück- 
zieht. In ihrem Gegensatze zur Landesherrschaft erlangen die Stände 
auch durchweg eigene juristische Persönlichkeit. 
Aus der Entstehung ergibt sich zunächst die Art und Weise 
der Zufammensetzung der Landstände. Sie sind nicht Vertretung 
des Volkes, sondern nur die Ortsobrigkeiten finden Aufnahme, 
die Vertreter der geistlichen Stifter, die Rittergutsbesitzer und Ab-
	        
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