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Rechtsgrund in der Privatrechtsordnung, sind also unabhängig von
der Aufnahme in den Etat. Aber auch die Steuern beruhen auf
ein- für allemal feststehenden Gesetzen und kommen daher, was
Art. 100 VU. ausdrücklich anerkennt, unabhängig von ihrer Auf—
nahme in den Etat zur Hebung. Insoweit ist der Etat rechtlich
gleichgültig, nur finanzpolitisch von Bedeutung als eine, genau
niemals eintreffende Prophezeiung, was voraussichtlich im nächsten
Jahre einkommen wird. Nur das Reich besitzt eine Einnahme,
die in dem Etatsgesetze ihre einzige Rechtsgrundlage findet, die
nach Art. 70 RV. alljährlich in Höhe des budgetmäßigen Betrages
auszuschreibenden Matrikularbeiträge.
Von den Ausgaben sind einzelne rechtlich notwendig, indem
sie entweder auf einer besonderen dauernden Verpflichtung beruhen
oder sonst zur Durchführung der gesetzlichen Rechtsordnung, die nur
unter positiver Zustimmung der gesetzgebenden Faktoren abgeändert
werden kann, erforderlich sind. Hierher gehören die Gehälter der
Beamten, die sachlichen Kosten für die zu Recht bestehenden Be-
hörden, im Reiche auch die Ausgaben, die nach Maßgabe des
Friedenspräsenz= und Flottengesetzes für Heer und Flotte zu leisten
sind. Die Leistung dieser Ausgaben ist vom Etat unabhängig.
Auch für sie bildet der Etat einen rechtlich bedeutungslosen finanz-
politischen Voranschlag.
Hinsichtlich der übrigen Ausgaben ist der Etat im Anschlusse
an die Überlieferungen der absoluten Monarchie zwar nicht die
Rechtsgrundlage der Ausgaben, doch eine Instruktion für die Be-
hörden, was sie ausgeben dürfen. Die Verletzung dieser Instruktion
macht also die Ausgabe nicht nichtig, kann aber bei der Rechnungs-
ontrolle für die schuldigen Beamten verhängnisvolle Wirkungen
haben.
In Preußen sind die Grundsätze des Etatsrechts als der Grund-
lage der Rechnungskontrolle neuerdings gesetzlich festgelegt in dem
sog. Komptabilitätsgesetze vom 11. Mai 1898.
Was hat nun zu geschehen, wenn der Etat gar nicht oder
nicht rechtzeitig zustande kommt? Die Möglichkeit dieses zweifellos
verfassungswidrigen Zustandes ist dadurch gegeben, daß die Ver-
fassungsvorschrift hier dem Gesetzgeber etwas vorschreibt, aber jeder