90 Allgemeine Lehren. 8 15
kein sester Sprachgebrauch, und die verschiedenen Ausdrücke werden
durcheinander gebraucht, ohne daß Gültigkeit oder Verbindlichkeit eines
Gesetzes von der gebrauchten Benennung abhinge. Alle hier erwähnten
Rechtsnormen, sofern sie unter die im § 7 Einl. A. L.-R. ausgestellte
Legaldefinition des Gesetzes fallen, erhalten nach § 10 a. a. O. ihre
rechtliche Verbindlichkeit erst von der Zeit ihrer gehörigen Publikation an.
2. Verwaltungsrechtliche Verordnungen im Sinne einer Rechts-
quelle sind alle Anordnungen, welche einen Rechtssatz aussprechen,
sosern er nicht in das § 7 Einl. A. L.-R. bestimmte Gebiet
des Gesetzes fällt. Die Verordnungen, welche demnach weder die be-
besonderen Rechte und Pflichten der Bürger bestimmen noch die ge
meinen Rechte abändern, ergänzen oder erklären dürfen, werden in der
Regel nichts anderes als Normen des Verwaltungsrechtes zum Gegen-
stande haben können. Verwaltungsrechtliche Verordnungen ist daher
für sie die passendste allgemeine Bezeichnungo?). In der damaligen
Rechtssprache fehlt eine solche. Man gebraucht dafür vorzugsweise die
Worte Verordnung, ferner, besonders wenn sie die Behördenorgani-
sation zum Gegenstande haben, Reglement und, wenn sie das Ver-
fahren der Behörden betreffen, Instruktion. Für Sonderverordnungen
ist besonders die Bezeichnung Kabinettsorder üblich. Die Kabinetts
order ist eine vom Könige vollzogene und an eine bestimmte Behörde
gerichtete Anordnung, die in der Regel nur aus Anlaß eines besonderen
Falles eine Anordnung trifft. Gleich den Reskripten der römischen
Kaiser kann jedoch eine Kabinettsorder auch allgemeine Bestimmungen
enthalten. Abgesehen von dem Inhalte besteht der wesentliche pral:
tische Unterschied der verwaltungsrechtlichen Verordnungen von den
Gesetzen darin, daß sie nicht wie die Gesetze, um rechtliche Verbind-
lichkeit zu erlangen, der Publikation bedürfen, da § 10 Einl. A. L.-N.
diese bloß für die Gesetze verlangtto). Die verwaltungsrechtlichen
Verordnungen können aber gleichzeitig Bestimmungen enthalten, welche
in das Gebict des Gesetzes fallen. Die dahin gehörigen Anordnungen
werden nur verbindlich durch die Publikation.
Neben den Gesetzen und den verwaltungsrechtlichen Verordnungen
gehen parallel Verordnungen der höchsten Slaatsbehörden. Der König
") Die verwaltungsrechtliche Verordnung ist nicht zu verwechseln mit
den Verwaltungsverordnungen, d. h. Verordnungen der Behörden.
10) Vgl. Entscheidung des Obertribunals, Bd. 12, S. 145; Erkennt
nis d. Komp. Ger. vom 5. April 1851, J.-M.--BVl. 1851, S. 191.