Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 127 Entstehung u. jetziger Umfang d. größeren Kommunalverbände. 355 
Die ständischen Verbände deckten sich nicht ganz mit den 
Provinzialgrenzen, da derjenige von Brandenburg auch die Alt- 
mark und die pommerschen Kreise Schievelbein und Dramburg 
umfaßte, die ihrerseits in den Verbänden von Sachsen und 
Pommern nicht vertreten waren. 
Die ständischen Vertretungen selbst wurden nicht durch ein 
allgemeines Gesetz, sondern für jede Provinz besonders durch acht 
provinzielle Verordnungen geregelt, nämlich für Brandenburg, 
Preußen und Pommern vom 1. Juli 18237:) und für Sachsen, 
die Rheinprovinz, Schlesien, Westfalen und Posen vom 27. März 
18248). 
Schon nach dem Gesetze vom 5. Juni 1823 war der Grund- 
besitz zur Bedingung jeder Standschaft gemacht. Die Vertretung 
der einzelnen Besitzmassen, welche man als Stände bezeichnet, 
kann daher nur Grundbesitzmassen bedeuten. An der Spitze stehen 
die Reichsunmittelbaren und Standesherren mit Virilstimmen. 
Sie bilden in einigen Provinzen allein, in anderen zusammen 
mit den Rittergutsbesitzern den ersten Stand. Die anderen Stände 
sind die Rittergutsbesitzer, die Städte und die Landgemeinden, 
welche sämtlich durch besondere Abgeordnete vertreten werden. 
Das Verhältnis in der Vertretung der drei Stände ist nach den 
einzelnen provinziellen Verordnungen verschieden. Charakteristisch 
ist den Bildungen aber überall ein unverhältnismäßiges Vor- 
wiegen der Vertretung des Großgrundbesitzes. So günstig wie 
in der Rheinprovinz, wo Landgemeinden und Städte ebenso viele 
Abgeordnete wählten wie die im Westen fast gar nicht vorhandene 
Ritterschaft, war das Verhältnis für Kleingrundbesitz und Städte 
nirgends sonst. 
Die Bildung der neuen Provinzialstände beruht auf dem 
Grundbesitze unter unverhältnismäßiger Bevorzugung des Groß- 
grundbesitzes. Ihr Schwergewicht liegt in dem Verfassungsrechte, 
wo sie eine — allerdings nur beratende — Stimme bei der 
Gesetzgebung haben. Die kommunale Verwaltung der Provinz ist 
vor geringem Umfange. Die Verwaltung ist wesentlich bei dem 
berufsmäßigen Beamtentume. 
. 
:) GS. 1823, S. 130, 138, 146. 
à) GS. 1824, S. 70, 101, 108, 141. 
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