398 Das Verwaltungsrecht. § 123
sich der Vorsitz des obersten Gerichtshofes mit der obersten Justiz
verwaltung vereinigt, zeigt sich bereits der Uebergang zu dem
neueren Amtswesen. Die Macht des Landesherren reicht aber
in der Regel nicht über seinen Domänenbesitz hinaus. Will er
eine Anordnung für das ganze Land treffen, so muß er, um ihre
Durchführung zu ermöglichen, sich vorher der Zustimmung der
selbständigen Ortsobrigkeiten des Landes, der städtischen Magistrate
und der Rittergutsbesitzer, versichern, die sich zu allgemeinen
ständischen Versammlungen vereinigen. Nichts, „daran des Landes
Gedeih und Verderb gelegen“, darf ohne ihre Mitwirkung ge-
schehen. So treten neben die Hofbeamten als höchster Rat des
Landesherren die Stände in allen denjenigen Angelegenheiten,
die nicht nur das fürstliche Domanium, sondern das ganze
Land betreffen.
Sobald sich aus dem mittelalterlichen Patrimonialstaate her-
aus ein Gebiet zum modernen Staate zu entwickeln, sobald ein
Landesherr das Bündel verschiedenartiger Befugnisse, welche die
Landeshoheit ausmachten, zu einer allumfassenden Staatsgewalt zu
gestalten versucht, reicht aber diese Organisation nicht mehr aus. Der
Landesherr bedarf dann rein staatlicher, d. h. nicht mit der Hofver-
waltung befaßter, und von rein staatlichen Interessen erfüllter, d.kh.
nicht aus den Ständen hervorgegangener Behörden. So wird nicht
nur in ganz Deutschland, sondern in ganz Europa der Bruch mit
dem mittelalterlichen Staatswesen begonnen durch Errichtung einer
neuen, aus berufsmäßigen Beamten gebildeten obersten Behäörde,
des Geheimen Rats des Landesherren.
In Brandenburg wurde durch eine kurfürstliche Verordnung
vom 13. Dezember 1604 ein Geheimer Rat aus neun Personen
als höchste beratende Behörde des Landesherren für alle An-
gelegenheiten mit Ausnahme der Zustiz= und Kirchensachen er-
richtet. In den darauf folgenden Zeiten des Verfalls der landes-
herrlichen Macht unter Johann Sigismund und Georg Wilhelm sank
auch der Geheime Rat vorübergehend zu völliger Bedeutungslosigkeit
herab. Erst unter dem Großen Kurfürsten, der am 4. Dezember 1651
eine neue Geheimeratsordnung erließ, erhielt die oberste Behörde eine
neue Gestaltung. Der Geheime Rat war nunmehr die oberste
Behörde nicht nur für die Marken, sondern für alle unter einem
Herrscher vereinigten brandenburg-preußischen Lande. Bei der