8 138 Wesen der Verwaltungsgerichtsbarkeit. 441
geschränkte privatrechtliche Auffassung der Verwaltungsgerichts-
barkeit kann man wohl als die bis in die neueste Zeit herrschende
bezeichnen")
Die zweite Auffassung über die Verwaltungsgerichtsbarkeit
kuüpft an die Verwaltungsrechtsprechung in den meisten deutschen
Mittel- und Großstaaten an, wie sie sich seit Ende des 17. Jahr-
hunderts ausgebildet und namentlich im französischen Rechte und
seinen deutschen Nachahmungen bis in die neuere Zeit erhalten
hat. Ziel dieser Verwaltungsgerichtsbarkeit war es, die öffent-
lichrechtlichen Streitfragen der Entscheidung der an den älteren
ständischen Rechtseinrichtungen festhaltenden Gerichte zu entziehen.
Die Einrichtung der Verwaltungsgerichtsbarkeit über verwaltungs-
rechtliche und verschiedene, in das Verwaltungsrecht übergreifende
privat= und strafrechtliche Streitfragen, welche in Preußen schon
mit dem Ende des 18. Jahrhunderts allmählich verschwand, mußte
in Frankreich gerade um diese Zeit mit äußerster Entschiedenheit
festgehalten und von neuem ausgebildet werden, da hier die Re-
volution den ganzen bisherigen Rechtszustand von neuem einer
vollständigen Umwälzung unterzog, zu deren Durchführung die
ordentlichen Gerichte nicht geeignet erschienen.
Theoretisch wurde diese Verwaltungsgerichtsbarkeit nunmehr
damit gerechtfertigt, daß sie dazu diene, den Grundsatz der Teilung
der Gewalten zu sichern, indem sie den Gerichten jede Möglichkeit
des Eingriffs in das Gebiet der vollziehenden Gewalt nehme.
Man stützt sich also auf die konstitutionelle Lehre. Da in Deutsch-
land diese Verwaltungsgerichtsbarkeit im Absterben begriffen war
und sich nur im französischen Rechtsgebiete und in einigen west-
deutschen Nachbildungen erhielt, so erscheint die bis in die Mitte
des 19. Jahrhunderts herrschende Auffassung der Verwaltungs-
gerichtsbarkeit, wonach sie aus der Teilung der Gewalten hergeleitet
wurde, für uns vorzugsweise als die französisch-konstitutionelle.
.
sens Handbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 159. G. Meyer, Deutsches Ver-
waltungsrecht Bd. 1, a. a. O. steht zwar im allgemeinen auf demselben
Standpunkte, erlennt jedoch an, daß bisweilen im Verwaltungsprozesse
lediglich über objektives Recht entschieden werde, ebenso Friedrichs
im Verwaltungsarchive Bd. 6. S. 401. .
4) Sie hat auch die Autorität des O#. für sich. Vgl. Entsch. vom
26. Jan. 1878, Bd. 3, S. 214; 14. Dez. 1878, Bd. 4, S. 343;
17. Dez. 1881, Vd. 9, S. 400.