Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8168 Die freiwillige Gerichtsbarkeit. 121 
das Grundbuchrecht und das Grundkreditwesen stehen in der Tat 
in viel engerem Zusammenhange miteinander als die verschiedenen 
Zweige der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Von diesem sachlichen 
Standpunkte aus behandelt daher L. v. Stein mit Recht die gesamte 
freiwillige Gerichtsbarkeit in der Lehre von der inneren Verwaltung. 
Der Begriff der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird nur ver- 
ständlich, wenn man davon absieht, staatliche Aufgaben, die keinen 
gemeinsamen positiven Inhalt haben, nach einem solchen gemein- 
samen positiven Inhalte bestimmen zu wollen. 
Nach dem Gegenstande zerfällt die freiwillige Gerichtsbarkeit 
in zwei Gruppen, von denen man die eine als rein privatrechtlich, 
die andere als privatrechtlich und staatsrechtlich gemischt bezeichnen 
kann. Zu der ersteren Gruppe gehören die Vollziehung, Beur- 
kundung und Bestätigung gewisser Rechtsgeschäfte, das Nachlaß- 
wesen und die Stiftungs-, Familienfideikommiß= und Lehnssachen, 
zu der zweiten Gruppe das Grundbuch= und Hypothekenwesen, die 
Vormundschaftssachen, das Hinterlegungswesen und die Führung 
der Handels-, Genossenschafts-, Muster-, Schiffs= und ähnlicher 
Register. 
Bei den Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit von der ersten 
Art handelt es sich durchaus um Rechtsgeschäfte des Privatrechts. 
Für das Verwaltungsrecht kommen sie nur insofern in Betracht, 
als in den privatrechtlichen Vorschriften, durch welche den unter 
Mitwirkung der Behörden vorgenommenen Rechtsakten eine be- 
sondere Rechtswirksamkeit beigelegt wird, gleichzeitig einc die 
Behörden zu dieser Mitwirkung ermächtigende Zuständigkeits- 
bestimmung liegt. Lediglich die Zuständigkeit der Behörden ist als 
berwaltungsrechtliches Moment aus jenen Privatrechtsnormen zu 
entnehmen, im übrigen sind es nach jeder Richtung hin privat- 
rechtliche Vorschriften. Im Grunde genommen handelt es sich 
also um privatrechtliche Enklaven im Verwaltungsrechte. Sie an 
bieser Stelle eingehend zu erörtern, liegt nun um deswillen keine 
Veranlassung vor, weil sie ihrer Natur nach nur bei den betreffenden 
Privatrechtseinrichtungen erschöpfend behandelt werden können. 
Das Verwaltungsrecht müßte sich, von dem Gesichtspunkte aus- 
gehend, daß es die Zuständigkeit der staatlichen Behörden darzu- 
legen hat, auf eine bloße Aufzählung der Rechtsgeschäfte be- 
schränken, bei denen eine Mitwirkung der Gerichte in der Form
	        
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