9166 Die Organe der Polizeiverwaltung. 145
Militärs nachsucht, den Gegenstand und den Zweck so bestimmt
angeben, daß von seiten des Militärs die Anordnungen mit Zu—
berlässigkeit getroffen werden können.
In noch höherem Maße findet ein Eingreifen des Militärs
att für die Fälle des sogenannten Kriegs= oder Belagerungs-
Hstandes, der nach dem Vorbilde des französischen Gesetzes vom
bS. Juli 1791 in das öffentliche Recht der meisten deutschen Staaten
Vergegangen ist und zur Folge hat, daß zeitweise die ganze
wrigkeikliche Gewalt auf den Militärbefehlshaber übertragen wird.
Nach Art. 68 der Reichsverfassung kann der Keiser, wenm die
ffentliche Sicherheit in dem Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden
keil davon in Kriegszustand erklären. Bis zum Erlasse eines die
Voraussetzungen, die Form der Verkündigung und die Wirkungen
tiner solchen Erklärung regelnden Reichsgesetzes sollen dafür die
vorschriften des preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1851) gelten.
dieses hat demnach unbeschadet der für Preußen nicht weiter in
etracht kommenden bayrischen Reservatrechte den Charakter eines
nur im Wege der Reichsgesetzgebung abzuändernden Reichsgesetzes
#ewonnen.
Voraussetzung der Erklärung des Belagerungszustandes ist
E, daß im Falle eines Krieges eine Provinz von dem Feinde bedroht
ter teilweise schon besetzt ist, oder daß im Falle eines Aufruhrs
bingende Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorliegt.
Die Form der Verkündigung bildet eine Erklärung bei
krommelschlag oder Trompetenschall, außerdem Mitteilung der
biserlichen Verordnung, Anschlagen an öffentlichen Plätzen und
inverzügliche Bekanntmachung durch die öffentlichen Blätter).
Die Wirkungen der Erklärung des Belagerungszustandes sind
blgende:
1. Die vollziehende Gewalt geht auf die Militärbefehlshaber
ber. Die Zivilbehörden, soweit sic in Aktivität belassen werden,
15) GS. 1851, S. 451. Vgl. Brüß, Der Belagerungszustand als
Lechtsinstitut, Küstrin 1897; Haldy, Der Belagerungszustand in Preußen
Gorn und Stier-Somlo, Abhandlungen II, 2), Tübingen 1906.
16) Haldy a. a. O. S. 51 hält außerdem Verkündigung im Reichs-
tsetzblatt für erforderlich, da der kaiserliche Oberbefehl als Verordnungs-
icht ausgeübt werde. Allein müssen dann alle kaiserlichen Verordnungen
n Reichsgesetzblatte verkündet werden? Die Reichsversassung Art. 2
cstimmt das nur von Reichsgesetzen.
boruhak, Preußisches Staatsrecht. III. 2. Nufl. 10