174 Das Verwaltungsrecht. 8168
nur das naturgemäße Ergebnis einer Jahrhunderte langen ge—
schichtlichen Entwicklung bildete, und man mit der Beschränkung
des Wortes auf ein noch engeres Gebiet eine alle Bedürfnisse
befriedigende staatsrechtliche Ausdrucksweise preisgab, ohne dafür
einen geeigneten Ersatz zu gewinnen. Jedenfalls ist mit der Tat-
sache zu rechnen, daß für den heutigen Sprachgebrauch Polizet
und Schutzmann sich decken. Es hieße um einer antiquarischen
Liebhaberei willen der Sprache Gewalt antun und vielfach un-
verständlich werden, wollte man heute noch das Wort Polizet
für das gesamte, zu keinem einzelnen Verwaltungsgebiete gehörige
Gebiet der inneren Verwaltung anwenden.
Kann man nun aber den Begriff der Polizei nicht mehr rein
negativ als die zu keinem der übrigen Verwaltungszweige gehörige
innere Verwaltung bestimmen, so ist die Frage unabweisbar, worin
denn nun das Wesen der Polizei nach heutiger Auffassung zu
sehen sei.
Die Auffassung darüber scheidet sich nach drei verschiedenen
Richtungen.
Die erste Ansicht, welche im 19. Jahrhundert noch von
R. v. Mohl, Stahl, Zöpfl und H. A. Zachariä vertreten wird,
faßt die Polizei noch im älteren Sinne als innere Verwaltung
überhaupt auf. Auf diese Anschauung ist hier nicht weiter ein-
zugehen, da sie bereits als mit dem heutigen Sprachgebrauche
im Widerspruche stehend verworfen werden mußte.
Eine zweite Richtung will die Polizei von den übrigen Zweigen
der inneren Verwaltung nach den Verwaltungsgegenständen oder
den Verwaltungszwecken scheiden, wobei allerdings die Grenzlinie
im einzelnen sehr verschieden gezogen wird. Zuerst geschieht dies
durch Sodens:). Er erkennt den ausschließlichen Zweck der Polizel
überhaupt in der Beförderung der Vorteile des geselligen Bei-
sammenseins und der Verhütung der daraus drohenden Nachteile.
Selbständiges Handeln wird aber der Polizei nur auf dem Gebiete
der öffentlichen Sicherheit zugeschrieben, während sie auf den be-
sonderen Verwaltungsgebieten der Staatsnationalbildung und
Staatsnationalwirtschaft nur eine Tätigkeit als Gehilfin dieser
Verwaltungszweige ausüben soll. Die übrigen Anhänger dieser
) Grf. Soden, Die Nationalökonomie, Bd. 7: Die Staatspolizei
nach den Grundsätzen der Nationalökonomie, Aarau 1817.