Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

182 Das Verwaltungsrecht. 169 
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Gesetz hinausgehende polizeiliche Beschränkung der Staats- 
angehörigen auf diesem Gebiete unzulässig ist. Es bleibt daher 
auf ihm ausgeschlossen jede Polizeiverordnung. Eine Polizeiver- 
sügung kann ferner nicht auf Grund des 8§ 10 II, 17 AL., sondern 
nur auf Grund einer besonderen Ermächtigung der betreffenden 
Gesetze ergehen. 
Die Darstellung dieses Verwaltungsgebietes pflegt man ge— 
wöhnlich einzuleiten mit einer geschichtlichen Betrachtung. Beim 
Vereins= und Versammlungsrechte begiunt sie herkömmlicherweise 
mit einigen Bemerkungen über die Macht des germanischen Ge- 
nossenschaftstriebes im Mittelalter, es wird dann bedauert, wie 
unter dem Einflusse des freiheitsfeindlichen römischen Rechts und 
des Absolutismus das alles anders wurde, bis man es denn in 
unserem Jahrhundert so weit brachte, in der Vereins= und Ver- 
sammlungsfreiheit einen Grundpfeiler verfassungsmäßiger Freiheit 
zu sehen. Die geschichtliche Einleitung über das Preßrecht beginnt 
nie anders als mit Kurfürst Berthold von Mainz und Papst 
Alexander VI., welche die Zensur einführten, streift die Reichs- 
polizeiordnungen und gelangt nach einigen Klagen über den seligen 
Bundestag endlich beim Reichspreßgesetze an. So wertvoll 9½ 
schichtliche Einleitungen sein mögen, die das heutige Wesen einer 
Rechtseinrichtung zu erklären geeignet sind, so nichtssagend er- 
scheinen jene geschichtlich-politischen Betrachtungen. Insbesondere 
haben sich das heutige Versammlungs= und Vereinsrecht und das 
hentige Preßrecht seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ganz neu 
entwickelt, so daß keinerlei innerer Rechtszusammenhang zwischen 
dem jetzigen und dem früheren Rechte besteht. Unter diesen Um- 
ständen erscheint eine Geschichte jener Verhältnisse für die Dar- 
stellung des jetzigen Rechtszustandes gleichgültig. 
I. Das Vereins= und Versammlungsrecht. Das 
Vereinswesen unterliegt zwar nach Art. 4 Nr. 16 der Reichsver- 
fassung der Reichszuständigkeit, doch hatte das Reich davon, ab- 
gesehen von vereinzelten Bestimmungen, bis in die neueste Zeit 
keinen Gebrauch gemacht. Es galt daher im ganzen Staate das 
preußische Vereinsgesetz vom 11. März 1850. An seine Stelle ist 
jetzt neben den privatrechtlichen Bestimmungen des BGB. 88 21, 
55 ff. das Reichsvereinsgesetz vom 19. April 19081) getreten. 
1) RGBl. 1908, S. 131. AussV. vom 8. und 13. Mai 1908— Ml.
	        
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