Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

186 Das Verwaltungsrecht. 8 169 
den Landesteilen zugelassen werden, in denen nach der letzten 
Volkszählung die alteingesessene Bevölkerung nichtdeutscher Mutter— 
sprache sechzig vom Hundert übersteigt — hier ist Anzeige an die 
Polizeibehörde dreimal 24 Stunden vorher erforderlich (§ 12 VG.). 
Die Polizeibehörde kann Beauftragte entsenden in alle öffent- 
lichen politischen Versammlungen und in alle Versammlungen unter 
freiem Himmel, auch wenn sie nicht politisch sind. Diese Be- 
auftragten, nicht mehr als zwei an Zahl, die einen angemessenen 
Platz angewiesen erhalten müssen, können die Versammlung wegen 
Gesetzwidrigkeit auflösen, vorbehaltlich der Anfechtung im Ver- 
waltungsstreitverfahren. Im Falle der Auflösung haben sich alle 
Anwesenden zu entfernen (§§ 13—16 VG.). Die Auflösung kann 
übrigens auch aus allgemeinen polizeilichen Gründen erfolgen)). 
Personen unter 18 Jahren dürfen sich an politischen Vereinen 
und Versammlungen mit Ausnahme geselliger Veranstaltungen 
nicht beteiligen (8 17 VWG.). 
Militärpersonen einschließlich der Militärbeamten ist reichs- 
rechtlich nach § 40 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 
die Teilnahme an politischen Vereinen und Versammlungen 
untersagt. » I 
Unberührt geblieben sind die Vorschriften des Landesrechtes über 
kirchliche und religiöse Vereine und Versammlungen, über kirch- 
liche Prozessionen, Wallfahrten und Bittgänge, über geistliche 
Orden und Kongregationens); ferner für die Zeiten der Kriegs- 
gefahr, des Krieges, des Belagerungszustandes und innerer Un- 
ruheno); endlich über das Koalitionsrecht von ländlichen Arbeitern 
und Dienstboten, sowie über die Sonntagsfeier, insofern, als an 
zelne Amtsbezirke des Kreises Tondern zugunsten der dänischen Sprache. 
Für die vorwiegend polnischen Kreise und den Kreis Hadersleben greift 
die reichsrechtliche Ausnahme Platz, da sie über 60 00 fremdsprachige Be- 
völferung haben. 
6) Die Entfernungspflicht besteht auch bei unberechtigter Auflösung= 
Bgl. Entsch. des Reichsgerichts vom 29. Nov. 1910, auch M. E. vom 
12. Januar 1911 — Ml. d. inn. Verw. 1911, S.74 —. 
7) Die Entsch. des O#VG. vom 3. Nov. 1911 — Möl. d. inn. Verw- 
1912, S. 34 — erkennt an, daß eine Auflösung nicht nur wegen der Gründe 
des 814 des Vereinsgesetzes, sondern auch aus § 10II, 17 ALR. er- 
folgen könne. 
5) Vgl. 8 221. 8) Agl. § 160.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.