9123 Die Ordnungspolizei. 223
Beide Mißstände hatte das französische Recht, in seiner neuesten
Gestalt durch L. I. P. 2 des Code civil (Des actes de ’Etat
eivil) vermieden, indem es besondere, von den Kirchenbüchern ver-
schiedene staatliche Standesregister begründete und deren Führung
den Maires übertrug. Mit dem gesamten französischen Rechte
hatte diese Einrichtung der Zivilstandsregister auch in der Rhein-
drovinz mit Ausnahme der landrechtlichen und gemeinrechtlichen
Gebietsteile Eingang gefunden und war hier unter preußischer
berrschaft erhalten worden.
Somit bestanden in Preußen seit den Befreiungskriegen zwei
derschiedene Systeme der Personenstandsregister nebeneinander, in
en Gebieten des Landrechts und des gemeinen Rechts das der nach
statlichen Vorschriften von dem Geistlichen der anerkannten Be-
benntnisse zu führenden Kirchenbücher und in den Gebieten des
französischen Rechts das der von den Kirchenbüchern verschiedenen,
don den Bürgermeistern zu führenden rein staatlichen Zivilstands-
kegister. Gegen die Einführung des allein den staatlichen Be-
dürfnissen entsprechenden französischen Systems sträubte man sich
ledoch aus politischen Gründen, da mit den Zivilstandsregistern
ie Einrichtung der Zivilehe, d. der Unabhängigkeit der bürgerlichen
Multigkeit der Ehe von kirchlicher Trauung in engster Verbindung
tand. So blieben denn beide Systeme nebeneinander bestehen. Nur
wurde das System der Kirchenbücher in dem Punkte, wo sich sein
angel am meisten herausgestellt hatte, nämlich hinsichtlich der
Personenstandsregister der keinem anerkannten Bekenntnisse an-
behörigen Einwohner ergänzt durch gerichtliche Register. Die Ver-
drdnung vom 30. März 18475) ordnete die Anlegung solcher Re-
bister für die Angehörigen bloß geduldeter Religionsgesellschaften,
eren Religionsdienern die Befugnis nicht zustand, auf bürgerliche
lechtsverhältnisse sich beziehende Amtshandlungen mit zivilrecht-
icher Wirkung vorzunehmen, das Judengesetz vom 23. Juli 18472)
für die Juden an. Die zivilrechtliche Gültigkeit der Ehe war von
er Eintragung in das Register abhängig gemacht, vor welcher
eine religiöse Trauung nicht erfolgen durfte, außerdem bestand eine
Aseehliche Verpflichtung zur Anmeldung der Geburts= und Todes-
2) G. 1847, S. 125.
,:) GS. 1847, S. 263.