18 Das Verwaltungsrecht. 8151
zulegen und zu verkünden, sondern man stets einen von dem
Vertrage nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich verschiedenen
Gesetzentwurf einbringt. Die Möglichkeit eines Widerspruchs
zwischen Staatsrecht und Völkerrecht ist damit nicht behoben, wenn
auch nach Gneists Zeugnis Streitfälle praktisch selten, fast unerhört
sind. Es kann ein Vertrag völkerrechtlich gültig abgeschlossen und
gleichwohl bei Versagung der Zustimmung des Parlaments zu
einem Ausführungsgesetze unvollziehbar sein. Der englische Staat
setzt sich dann den Folgen des Vertragsbruches, sogar der Kriegs
erklärung seitens des verletzten Staates aus)).
Man kann also wohl schwerlich behaupten, daß mit diesem
englischen Systeme eine Lösung des Widerspruchs erfolgt wäre,
im Gegenteile bleibt der unüberbrückbare Zwiespalt zwischen Staats
recht und Völkerrecht voll und ganz bestehen. Wenn sich daraus
bisher keine besonderen praktischen Schwierigkeiten ergeben haben,
so erklärt sich dies aus der eigenartigen Natur des englischen
Staatswesens. Allerdings steht der Abschluß der Staatsverträge
—. ——
5) Dieser für das englische Recht von Gneist vertretenen Auffassung
widerspricht Jellinek, Gesetz und Verordnung S. 349 ff., indem er aus-
führt, der Vertrag sei in diesem Falle auch völkerrechtlich auflösend bedingt
durch die Zustimmung des Parlaments zu dem Ausführungsgesetze, so daß
ein Widerspruch zwischen Staatsrecht und Völkerrecht nicht entstehen lönne.
Er folgert dies einmal daraus, daß ein solcher Vertrag, falls er unbedingt
geschlossen wärec, seitens des konstitutionellen Monarchen die Verpflichtung
zu einer unmöglichen Leistung enthalten würde. Allein der Monarch ver-
spricht doch nirgends, die zur Vertragserfüllung notwendigen Staatsalte
ohne parlamentarische Zustimmung zu erlassen, er verpflichtet sich zur
Vornahme oder Unterlassung gewisser Staatsakte, und ob er hierzu in der
Lage ist, erscheint für die Rechtsbeständigkeit des Vertrags ebenso gleichgültig
als etwa für die Gültigkeit eines Kaufvertrages die Tatsache, daß der Ver-
käufer die veräußerte Sache schon vorher an einen anderen übereignet hatte.
Weiterhin folgert Jellinek die auflösende Bedingtheit eines solchen Vertrages
daraus, daß, wer den Staat verpflichte, damit auch dessen Organe ver-
pflichte, wäre also der Vertrag unbedingt geschlossen, so würde auch die
parlamentarische Zustimmung zu dem Ausführungsgesetze überflüssig sein.
Dem steht entgegen, daß eine Verpflichtung durch den Vertrag nur dem
anderen Vertragsteile gegenüber begründet wird. Eine Verpflichtung der
Staatsorgane kann schon deshalb nicht bestehen, weil sie nicht Vertrag-
schließende sind, eine solche besteht für sie fremden Staaten gegenüber
niemals. Es folgt somit aus der Verpflichtung des Staates noch keines-
wegs die seiner Organe.