Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8177 Der Unterstützungswohnsitz. 261 
werden.?). Weitere Einschränkungen bestehen jedoch aus armen- 
rechtlichen Gründen. 
Wie die Polizei im sicherheitspolizeilichen, so kann die Ge- 
meinde oder, wo der Gemeinde nicht die Armenpflege obliegt, 
der an ihre Stelle tretende Armenverband im Interesse der Armen- 
pflege die Niederlassung versagen. Die Gemeinde ist nämlich zur 
Abweisung eines neu Anziehenden befugt, wenn sie nachweisen 
kann, daß er nicht hinreichend Kräfte besitzt, um sich und seinen 
nicht arbeitsfähigen Angehörigen den notdürftigen Lebensunter- 
halt zu verschaffen, und wenn er solchen weder aus eigenem Ver- 
mögen bestreiten kann, noch von einem dazu verpflichteten Ver- 
wandten erhält. Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, diese Be- 
fugnis der Gemeinden noch weiter zu beschränken, was jedoch 
in Preußen nicht geschehen ist. Dagegen berechtigt die bloße Be- 
sorgnis vor künftiger Verarmung den Gemeindevorstand nicht zur 
Zurückweisung. Offenbart sich nach dem Anzuge die Notwendig- 
keit einer öffentlichen Unterstützung, bevor der neu Anziehende 
an dem Aufenthaltsorte einen Unterstützungswohnsitz erworben hat, 
Und weist die Gemeinde nach, daß die Unterstützung aus anderen 
Gründen als wegen einer nur vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit 
notwendig geworden ist, so kann die Fortsetzung des Aufenthalts 
versagt werden. Die Versagung des Aufenthalts oder der Fort- 
setzung erfolgt auf Verlangen der Gemeindebehörde durch eine 
polizeiliche Verfügung, gegen welche die gewöhnlichen Rechtsmittel 
stattfinden.). 
Ist in den Fällen, wo die Aufnahme oder die Fortsetzung 
des Aufenthalts versagt werden darf, die Uebernahmepflicht 
zwischen verschiedenen Gemeinden desselben Bundesstaates oder 
auch verschiedener Bundesstaaten streitig, so erfolgt die Entscheidung 
nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die tatsächliche Ausweisung aus 
einem Orte darf aber niemals geschehen, bevor nicht entweder die 
Annahmeerklärung der in Anspruch genommenen Gemeinde oder 
eine wenigstens einstweilen vollstreckbare Entscheidung über die 
Fürsorgepflicht stattgefunden hat. Im alten Deutschen Bunde 
galten in dieser Beziehung der sogenannte Gothaer Vertrag vom 
— — . 
3) Vgl. 8170. 
4) Vgl. Entsch. des OVG. vom 16. März 1881, Bd. 7, S. 364.
	        
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