Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

300 Das Verwaltungsrecht. 8180 
Erst mit Hardenberg beginnt eine entschiedene Sozialreform im 
Interesse des Bauernstandes, welche nunmehr auch die Lösung 
der dinglichen Seite des gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisses ins 
Auge faßt. Ziel dieser Gesetzgebung war es, den Bauern das 
dienstfreie Eigentum ihrer Stellen zu verschaffen. Sie bezog sich 
daher nicht auf solche bäuerlichen Besitzer, welche bereits ein 
Eigentumsrecht oder ein dem Eigentum ähnliches Besitzrecht an 
ihren Stellen hatten, auf die Eigentümer, Erbzinsbesitzer und 
Erbpächter, selbst wenn sie bäuerliche Dienste für die Gutsherren 
zu leisten hatten. Gegenstand der Regulierung sind nur die übrigen 
bäuerlichen Besitzverhältnisse, namentlich das im ganzen Osten 
Deutschlands vorherrschende teils erbliche, teils nicht erbliche 
lassitische Besitzrecht. 
Das Regulierungsedikt vom 14. September 1811 gewährte 
jedem Teile, dem Bauern wie dem Gutsherren, die Möglichkeit, 
einen Antrag auf Auseinandersetzung zu stellen, durch welche die 
Bauern das dienstfreie Eigentum ihrer Stellen erhielten. Bei 
dem entschiedenen Widerstande der Gutsherren gegen die Harden- 
bergischen Pläne mußte ihnen wenigstens ein neues Zugeständnis 
gemacht werden. Die ihnen zugebilligte Normalentschädigung be- 
stand bei erblichen Bauerngütern in einem Drittel, bei nicht erb- 
lichen Bauerugütern in der Hälfte des Bauerngutes. Nur sollte 
die Leistungsfähigkeit der Stellen unter allen Umständen erhalten 
bleiben. Auch wurde dem Bauern der Antrag auf besondere Er- 
mittlung gestattet, wenn er vermeinte, daß die Entschädigung im 
Vergleiche zu seinen bisherigen Diensten zu hoch sei. Die ober- 
schlesischen Gutsherren setzten außerdem noch eine Sonder- 
bestimmung bezüglich einer besonderen Art ihrer Hintersassen, der 
sogenannten Dreschgärtner, durch. Abgesehen von sehr ungünstigen 
Regulierungsbedingungen wurden diese verpflichtet, vom 31. Märb 
1812 an dem Gutsherren noch auf weitere vier Jahre gegen dem 
ortsüblichen Tagelohn die geforderten Dienste zu leisten. Die 
Regulierung selbst vollzog sich nur sehr langsam, da ein bestimmter 
Tag, bis zu dem der Antrag auf Auseinandersetzung zu stelleit 
war, nicht festgesetzt wurde. Als zuständige Organe wurden be- 
sondere Behörden, die Generalkommissionen, bestellt, welche die 
Eigenschaft von richterlichen und Verwaltungsbehörden in sich ver- 
einigten.
	        
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