8182 Das Enteignungsrecht. 329
hierfür eine Entschädigungspflicht fest. Trotz der ziemlich über-
einstimmenden Fassung der Gesetze ist diese offenbar zu weit. Wollte
man die Vorschrift wörtlich auffassen, so wäre sie völlig wider-
sinnig. Jede Steuer ist eine Aufopferung des Privateigentums
im Interesse der Gesamtheit. Hier eine Entschädigungspflicht des
Staates anerkennen, hieße, wegen des Grundsatzes der Unverletz-
lichkeit des Eigentums die Erhebung einer Steuer überhaupt für
unzulässig erklären. Das öffentliche Baurecht beschränkt mit der
Baufreiheit das Grundeigentum an der Bodenoberfläche. Es
würden in großen Städten Grund und Boden um zahllose Millionen
mehr verwertet werden können, falls diese Beschränkungen nicht
beständen. Sollte wirklich in allen diesen Fällen Entschädigung
geleistet werden müssen? Der Gedanke des Gesetzgebers ist offenbar
ein anderer. Er will den einzelnen entschädigt wissen, der aus
irgendwelchen äußeren Gründen zur Aufopferung genötigt ist,
während andere in gleicher Rechtslage, bei denen diese äußeren
Gründe, wie Durchführung einer Eisenbahn, eines Kanals, nicht
zutreffen, ihr Eigentum behalten. Nur dann ist also ein Ent-
schädigungsanspruch wegen Entziehung oder Beschränkung des
Privateigentums anzuerkennen, wenn die Aufopferung nur einzelnen
Personen, nicht allen, die sich in gleicher Rechtslage befinden,
zugemutet wirdio). Bei einer allgemeinen Eigentumsbeschränkung
würde diese Gleichheit der Rechtslage nur dann gestört erscheinen,
wenn der allgemeinen staatlichen Forderung der besonderen Rechts-
titel eines einzelnen auf Befreiung von ihr gegenübersteht. Denn
auch in diesem Falle forderte der Staat von einem einzelnen eine
größere Aufopferung als von seinen Rechtsgenossen und ist des-
halb nach allgemeinen Grundsätzen zur Entschädigung verpflichtet.
Diese Auffassung der Entschädigungspflicht gegenüber staatlichen
Eingriffen in das Privateigentum hat eine ausdrückliche gesetzliche
Anerkennung gefunden in § 2 des Gesetzes vom 11. Mai 1842 über
ie Zulässigkeit des Rechtsweges in Beziehung auf polizeiliche
Verfügungenn).
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10) Uebereinstimmend Entsch. des OVG. vom 5. Dezember 1881,
Bd. 8, S. 327; Sarwey, Das öffentliche Recht und die Verwaltungs—
rechtspflege, S. 404. Dagegen Oppenhoff, Ressortverh. S. 335 ff.
11) Nach Dernburg a. a. O. soll die Entschädigungspflicht nur vor-
handen sein, wenn die Beschränkung des Eigentums durch einen Ver-