Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

28 Das Verwaltungsrecht. §151 
llarer wird dies, wenn man die ganze Rechtsvorschrift verneinend 
ausdrückt. Ein ohne Zustimmung des Landtages eingegangener 
Vertrag bestimmten Inhalts ist ungültig, d. h. er ist wegen 
Nichtbeobachtung einer für das Rechtsgeschäft wesentlichen Form- 
vorschrift gar nicht als abgeschlossen zu betrachten. Im Privat- 
rechte würde es niemandem einfallen, von der Ungültigkeit eines 
Vertrages zu sprechen, wenn der Schuldner nicht zahlen kann, 
und auch im öffentlichen Rechte kann sich die Ungültigkeit eines 
Vertrages nur auf dessen Abschluß beziechen. Der ungültige Vertrag 
ist freilich nicht absolut nichtig, er kann noch rechtsbeständig werden, 
wenn nachträglich die Zustimmung erfolgt. Die Ungültigkeit ist 
also weiter nichts als das, was man auch im Privatrechte unter 
diesem Worte versteht, die relative Nichtigkeit des Rechtsgeschäftsu). 
Es ist sonach in Preußen die Zustimmung der Volksvertretung 
nicht zur Erfüllung, sondern zum Abschlusse gewisser Verträge 
notwendig. Dem Landtage wird nicht ein rechtsbeständiger Vertrag, 
sondern nur ein Vertragsentwurf, eine Punktation vorgelegt, 
worüber sich die Vertragschließenden vorläufig geeinigt haben. Der 
Landtag ist nicht darauf beschränkt, den Entwurf einfach zu ge- 
nehmigen oder abzulehnen, er kann wie bei jedem anderen Gesetz- 
entwurfe seine Zustimmung unter Einschränkungen geben, d. h. 
den Entwurf abändernts). Dann darf der Vertrag nur in der Form 
12) Die gleiche Ansicht von der bloß relativen Nichtigkeit eines ohne 
parlamentarische Zustimmung geschlossenen Vertrages vertreten die an- 
geführten Schriften von Unger, Pröbst, Prestele, und zwar unter 
Berufung auf die Analogie privatrechtlicher Verträge, zu denen die Zu- 
stimmung eines dritten erforderlich ist. Hiergegen haben sich namentlich 
Zorn und Laband erklärt, da die Volksvertretung eines der vertrag- 
schließenden Staaten nicht als dritter beim Vertragsabschlusse betrachtet 
werden könne. Dies ist allerdings durchaus zutreffend. Allein die Not- 
wendigkeit der parlamentarischen Mitwirkung hat juristisch den Charakter 
einer Formvorschrift, und diese kann jederzeit nachgeholt werden. 
15) Die entgegengesetzte Ansicht wird ohne Angabe von Gründen 
ausgestellt von Gueist a. a. O., auch hat von der gleichen Anschauung 
ausgehend, der damalige Präsident des Abgeordnetenhauses, von Forcken- 
beck, in den Sitzungen vom 4. und 7. Jannar 1870 nicht die einzelnen 
Vertragsartikel, sondern nur den ganzen Vertrag zur Abstimmung gebracht. 
Der sonstigen staatsrechtlichen Praxis in Preußen entspricht dieses Verfahren 
nicht. Vgl. die Belege hierfür bei E. Meier a. a. O. S. 223, namentlich 
den Vertrag wegen Austausches einiger Gebietsteile mit Sachsen-Altenburg.
	        
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