Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

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456 Das Verwaltungsrecht. 9195 
lichen Rechtszustandes erging jedoch für den ganzen Umfang der 
Monarchie das Gesetz vom 24. Februar 1870 über die Handels- 
kammern2è), welches unter Aufhebung aller bisherigen Gesetze und 
Verordnungen über diesen Gegenstand auch die Umbildung der 
bestehenden Handelskammern nach seinen Vorschriften anorducte. 
Es ist mit Novelle vom 19. August 1897 in neuer Fassung ver- 
öffentlichts). 
Daneben blieben jedoch einzelne, aus den alten Gilden hervor 
gegangene kaufmännische Korporationen in größeren Handelsstädten 
an Stelle der Handelskammern bestehen. Die kaufmännische Inter- 
essenvertretungen setzen sich daher aus zwei verschiedenen Biloungs- 
elementen zusammen. Die Regel bilden gegenwärtig die der fran- 
zösischen Rechtsbildung entnommenen Handelskammern, die Aus- 
nahmen die aus den mittelalterlichen Gilden erwachsenen kauf- 
männischen Korporationen. Zu einer organischen Verbindung 
beider Elemente in einer einheitlichen Rechtseinrichtung hat cs 
aber die bisherige Rechtsbildung noch nicht gebracht. Vielmehr 
bestehen beide nebeneinander. 
Die Handelskammern haben die Bestimmung, die Gesamt' 
interessen der Handel= und Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahr- 
zunehmen, insbesondere die Behörden in der Förderung des Handels 
und der Gewerbe durch tatsächliche Mitteilungen, Anträge un 
Erstattung von Gutachten zu unterstützen. Bestimmte einzelue 
Obliegenheiten sind ihnen in bezug auf die Börsen und Handels- 
mäkler übertragen)). Die Errichtung einer Handelskammer untel 
liegt der Genehmigung des Handelsministers. Bei ihrer Erteilung 
wird zugleich über die Zahl der Mitglieder und, wenn die Errichtunk 
für einen über mehrere Orte sich erstreckenden Bezirk erfolgt, übe 
den Sitz der Handelskammer Bestimmung getroffen. 
Die Wahl der Mitglieder der Handelskammer erfolgt durck 
die in das Firmenregister eingetragenen Kaufleute einschließli 
der Gesellschaften und Genossenschaften des Bezirks, sowie dur 
die größeren Bergwerksbesitzer mit Ausnahme des Fiskus. Im 
2) GS. 1870, S. 134. Einführung in Lauenburg durch Ges. von- 
20. Februar 1878 — GS. 1878, S. 97 — § 8 Nr. 3. 
3) GS. 1897, S. 325 ff. Novelle vom 2. Juni 1902 — GE. 190“ 
S. 161. Bearb. v. Lusenusky, 2. Aufl., Berlin 1909. 
4) Vgl. § 194.
	        
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