Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

46 Das Verwaltungsrecht. 8153 
Hiernach lassen sich die den Landesherren zustehenden Rechte 
einteilen in Kommandobefugnisse, Rechte der Militärverwaltung 
und reine Ehrenrechte ohne materiellen Inhalt. 
Das Kommando über das gesamte Reichsheer steht nach Art. 63 
der Reichsverfassung in Krieg und Frieden dem Kaiser zu. Die 
Landesherren haben aber nicht etwa eine dem Kaiser untergeordnete 
Kommandogewalt über ihre Kontingente. Vielmehr werden nach 
8 64 a. a. O. die Höchstkommandierenden eines Kontingents und 
alle Offiziere, welche Truppen mehr als eines Kontingents be- 
fehligen, vom Kaiser ernannt. Die Verfügung über die einzelnen 
Kontingente ist also lediglich dem Kaiser vorbehalten. Daneben 
gesteht die Reichsverfassung den Kontingentsherren Kommando- 
befugnisse in drei Fällen zu. 
Die Bestellung der zur Führung eines Kommandos bestimmten 
Organe, also die Ernennung der Offiziere, ist ein Ausfluß der 
Kommandogewalt. Demgemäß werden auch nach dem preußischen 
Allerhöchsten Erlasse vom 18. Januar 1861 die Orders in Mili- 
tärdienstsachen oder Personalangelegenheiten als Armeebefehle be- 
trachtet. An und für sich würde also aus dem kaiserlichen Ober- 
befehle folgen, daß dem Kaiser die Ernennung sämtlicher Offiziere 
zusteht. Diese Folgerung wird aber abgeschnitten durch Art. 66 der 
Reichsverfassung, wonach in Ermangelung entgegenstehender Be- 
stimmung der Militärkonventionen die Kontingentsherren die 
Offiziere ihrer Kontingente ernennen. Nur der Höchstkomman= 
dierende eines Kontingents, sowie alle Offiziere, welche Truppen 
mehr als eines Kontingents befehligen, und alle Festungskomman- 
danten werden vom Kaiser ernannt und haben ihm den Fahneneid 
zu leisten. Für diese von ihm zu besetzenden Stellen kann der 
Kaiser die Offiziere aus allen Kontingenten wählen. Außerdem 
sind bei der Ernennung von Generalen oder Generalstellungen 
versehenden Offizieren innerhalb des Kontingents die Kontingents- 
herren an die jedesmalige Zustimmung des Kaisers gebunden. Mit 
diesen Beschränkungen üben also die Kontingentsherren als Organe 
des Reiches das Recht der Offiziersernennung. Diese dem Reiche 
zustehende Befugnis der Kommandogewalt wird in der Weise von 
ihm ausgeübt, daß sie verfassungsmäßig den Kontingentsherren 
übertragen ist. Dem Rechte der Offiziersernennung durch die 
Kontingentsherren entspricht es, daß auch die Bekanntmachung
	        
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