Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

508 Das Verwaltungsrecht. 9 208 
Recht des Staates nicht nur auf herrenlose Grundstücke, sondern 
auf alle herreulose Sachen:). Abweichend vom preußischen Rechte 
erwirbt aber hier der Staat die herrenlosen Sachen nicht durch 
die Rechtstatsache der Besitzergreifung, sondern ohne besonderen 
Akt von Rechts wegen, sobald die Sache keinen Privateigentümer 
mehr hat. Im Grunde genommen besteht also im französischen 
Rechte der Begriff der herrenlosen Sache überhaupt nicht, da der 
Staat eintritt in dem Augenblicke, in welchem ein sonstiger Privat- 
eigentümer nicht mehr vorhanden ist. 
Daran schließt sich an nach § 981 BE. das Anfallsrecht 
des Fiskus auf die in den Geschäftsräumen oder den Beförderungs 
mitteln einer öffentlichen Behörde oder einer dem öffentlichen 
Verkehre dienenden Anstalt gefundenen Sachen oder deren Ver- 
steigerungserlös, wenn seit dem Ablaufe der in der öffentlichen 
Bekanntmachung bestimmten Frist drei Jahre vergangen sind, ohne 
daß sich ein Empfangsberechtigter gemeldet hat. 
Das Recht des Staates auf erblose Verlassenschaften hatte 
früher einen bestrittenen Charakter. Es war zweifelhaft, ob der 
Fiskus Erbe oder privilegierter Okkupant war. Im ersteren Falle 
würde es sich um einen Vermögenserwerb auf Grund eines rein 
privatrechtlichen Titels, um gesetzliches Erbrecht des Fiskus 
handeln, im letzteren Falle um die Geltendmachung eines staat' 
lichen Hoheitsrechtes. Nach dem BG. ist die Streitfrage er- 
ledigt, denn es hat den Gedanken des fiskalischen Erbrechtes mit 
Entschiedenheit zur Geltung gebracht. Der Fiskus ist besebliche 
Erbe da, wo ein anderer Erbe nicht vorhanden ist, soweit es sich 
um deutsche Reichsangehörige handelt. (8§ 1930 BG#B. Art. 31, 
EG. zum BG#/h). Daher liegen ihm auch alle Rechte und Pflichten 
des Erben ob. — 
Das Recht des Fiskus auf erblose Verlassenschaften ist nun 
aber verschiedentlich vom Staate auf andere Personen übertragen 
worden. So ist z. B. den Städten Berlin und Köln a. d. Spree 
von Kurfürst Joachim 1 das Recht auf die erblosen Verlasseu- 
schaften ihrer Bürger verliehen, wogegen sich der Kurfürst den 
i) Code civil art. 639: „Tous les biens vacans et sans maitre, ceur des 
personnes qui décèdent sans héritiers, ou dont les successions sont aban- 
données, appartiennent au domaine public“. art. 713: „Les biens qui n'ont 
pas de maitre, appartiennent à I'Etat“.
	        
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