Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

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574 Das Verwaltungsrecht. 8 209 
jedoch kein Einzelstaat ein unentziehbares Recht. Dasselbe gilt 
von einem Zehntel der Wertzuwachssteuer. 
Umgekehrt sind die Einzelstaaten an der Finanzwirtschaft 
des Reiches beteiligt durch die Matrikularbeiträge. Nach Art 70 
der Reichsverfassung haben sie, soweit die Bedürfnisse des Reiches 
durch dessen Einnahmen nicht gedeckt werden, Matrikularbeiträg 
aufzubringen, die nach der Kopfzahl der Bevölkerung auf die 
Einzelstaaten verteilt werden. Die Matrikularbeiträge können von 
den Einzelstaaten zum Teile gedeckt werden aus dem Ertrage 
der Ueberweisungen. Soweit das nicht möglich ist, entsteht der 
Begriff der ungedeckten Matrikularbeiträge. Die Erhebung der 
Matrikularbeiträge ist nach der Reichsverfassung in unbeschränkter 
Höhe zulässig. Gesetzlich sollen bis auf weiteres die ungedeckten 
Matrikularbeiträge 80 Pf. auf den Kopf der Bevölkerung nicht 
überschreiten, und ein etwaiger Mehrbedarf ist aus anderweiten 
Mitteln des Reiches zu decken. 
Das Reich ist endlich an den Reichssteuern beteiligt durch 
deren Verwaltung. Die Reichssteuern zeigen sich als solche nur im 
Verhältnisse des Reiches zum Einzelstaate, nicht zegenüber dem 
Publikum. Der Einzelstaat hat die Reichssteuern für das Reich 
einzuziehen, wofür ihm das Reich einen bestimmten Prozentsab 
der einzelnen Steuern an Erhebungskosten überweist. Wenn der 
Einzelstaat für die Erhebung mehr aufwendet, muß er den Mehr— 
betrag aus eigenen Mitteln decken, wie ihm umgekehrt auch etwaige 
Ersparnisse zustatten kommen. Nur der Nettoertrag der Reichs 
steuern nach Abzug der von Reichs wegen bestimmten Erhebungs- 
kosten ist an die Reichskasse abzuliefern. Dem Publikum gegenüber 
ist also nicht das Reich, sondern der Einzelstaat Steuergläubiger 
Dem einzelnen Steuerpflichtigen tritt nicht das Reich, sondern 
nur der Einzelstaat gegenüber. Der Steuerpflichtige oder als 
solcher in Anspruch genommene hat also, soweit das Reichsrecht' t 
nichts anderes bestimmt, auch gegenüber der Steuerforderung die 
Rechtsmittel nach Maßgabe des Landesrechtest). 
——— — — 
3) Wie bei der Erbschaftssteuer Zulässigkeit des ordentlichen Rechts- 
weges. Vgl. Bd. 2 § 143. i 
4) Vgl. Entsch, ded Reichsgerichts vom 2. Februar und 9. April 188 
— Cutsch. in Zivilsachen Bd. 11, S. 65, 91.
	        
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