Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

5. Das Verwaltungsrecht. 8 153 
der Inspizierung zu jeder Zeit haben und die regelmäßigen 
Rapporte und Meldungen über vorkommende Veränderungen er- 
halten. Das Wort „Chef“ kann, da eine anderweite Begriffs— 
bestimmung nicht aufgestellt ist, hier nur denselben Sinn haben, 
den der militärische Sprachgebrauch überhaupt damit verbindet). 
Die Stellung eines Chefs ist aber eine reine Chrenstellung 
ohne sachliche Bedeutung. Es sollen den Landesherren von den 
Truppen ihrer Kontingente diejenigen militärischen Ehren- 
bezeugungen erwiesen werden, welche den Chefs der Regimenter 
gebühren. Den gleichen Charakter einer bloßen Ehrenauszeichnung 
hat auch die Befugnis der Landesherren zur Vornahme von In- 
spektionen. Freilich ist das Wesen der militärischen Inspektion in 
der Regel ein anderes. Sie soll dazu dienen, dem Besichtigenden 
persönliche Kenntnis zu verschaffen von dem Zustande der Truppen, 
damit er auf dieser Grundlage die zur Abstellung von Uiebel- 
ständen erforderlichen Anordnungen treffen kann. Hier ist also 
das Inspektionsrecht einer der wichtigsten Ausflüsse der Kommando- 
gewalt, und diesen Charakter hat namentlich durchweg das In- 
spektionsrecht des Kaisers. Die Landesherren dürfen aber auf Grund 
der von ihnen vorgenommenen Inspektion gar keine Anordnungen 
treffen, sie haben lediglich die Befugnis der Inspektion. Eine 
solche kann daher nichts anderes sein als ein bloßes Ehrenrecht 
der Landesherren gegenüber den ihren Gebieten angehörigen 
Truppen. Das gleiche gilt von der Empfangnahme der Rapporte 
und Meldungen über vorkommende Veränderungen, soweit sie nicht 
zum Zwecke der vorgeschriebenen landesherrlichen Bekanntmachung 
der Personalveränderungen innerhalb des Kontingents erfolgt. 
Als Inhalt der Kontingentsherrlichkeit ergibt sich somit ein 
Inbegriff einzelner militärischen Rechte, die teils Ausflüsse der 
Kommandogewalt, teils Befugnisse der Militärverwaltung, teils 
bloße Ehrenrechte der Kontingentsherren sind. Es würde ein ver- 
sehltes Unternehmen sein, dieses Bündel militärischer Rechte, 
welche die Reichsversassung den Landesherren als Ersatz ihrer an 
das Reich abgetretenen früheren Militärhoheit übertragen hat, als 
15) Anderer Ansicht Laband a. a. O. S. 513, da die Nang= und 
Quartierliste die Landesherren nicht als Chefs aufführe. Dies ist aber 
auch gar nicht notwendig, da sie von Rechtswegen kraft der Reichsverfassung 
Chefs sind.
	        
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