8214 Das Wesen des Etats. 609
staatliche Einrichtung durch das Etatsgesetz aufgehoben wird)).
Hierzu wäre aber die positive Uebereinstimmung aller drei gesetz-
gebenden Faktoren erforderlich. Bei der Etatsberatung wird sich,
soweit nicht ein bloßes Versehen vorliegt, die Absetzung eines
Ausgabepostens, hinsichtlich dessen eine Verpflichtung des Staates
besteht, in der Regel derart vollziehen, daß die Volksvertretung
den Posten streicht ohne oder gegen den Willen der Regierung.
Der Etat als Gesetz kann daher nur in der Form verkündet werden,
wie er aus den übereinstimmenden Beschlüssen beioder Kammern
hervorgegangen ist. Aber eine Uebereinstimmung der gesetzgebenden
Faktoren über die Vexnichtung einer gesetzlichen Verpflichtung
des Staates oder die Aufhebung einer zu Recht bestehenden staat-
lichen Einrichtung ist damit keineswegs erreicht. Da das Etats-
Vhesetz regelmäßig keine an außerhalb des Behördenorganismus
stehende Personen sich wendende Rechtsnormen enthält, also auch
nicht anzunehmen ist, daß der Gesetzgeber solche in dem Etats-
VLesetze aussprechen wollte, so würde eine Veränderung der Rechts-
ordnung durch das Etatsgesetz nicht aus der bloß negativen Unter-
drückung einer Ausgabe, die durch den Beschluß eines Faktors
der Gesetzgebung herbeigeführt werden kann, sondern nur aus
einer positiven Vorschrift, die des Zusammenwirkens aller drei
Faktoren bedarf, entnommen werden können. Diese bloße Ab-
setzung eines Ausgabepostens ändert also die bestehende Rechts-
ordnung nicht. ·
Nunmehr entsteht ein Widerspruch zwischen den in dem
Etat enthaltenen Anweisungen an die Behörden und der
geltenden Rechtsordnung. Die Behörden dürften die Ausgabe
nicht machen, da die Anweisung in dem Etat fehlt, aber der
Berechtigte könnte, vorausgesetzt, daß der Rechtsweg zulässig ist,
die betreffende Summe einklagen. Aber auch auf Grund des Ur-
teils dürften die Behörden nicht zahlen, sie müßten jedesmal
— —
15) Als politisch bedenklich fiele bei einer solchen Verbindung ins
Gewicht die Beeinträchtigung der Befugnisse des Herrenhauses, da dieses
inanzgesetzentwürfe und Staatshaushaltsetats nur ablehnen oder an-
nehmen, aber nicht amendieren darf. Vgl. Bd. 1, S. 497, 498. Das
Herrenhaus würde daher mit vollem Rechte beanspruchen können, daß ihm
Lesetzentwürfe betreffend die Veränderung der bestehenden Rechtsordnung
nicht in Berbindung mit Etats= oder Finanzgesetzentwürfen zugehen.
Uebereinstimmend Laband, Bugdgetrecht S. 17 ff.
Bornhak, Preußisches Staatsrecht. III. 2. Aufl. 39