8214 Das Wesen des Etats. 611
Praxis diese Bestimmung mit Recht lediglich auf den Ausgabe—
etat. Die nachträgliche Genehmigung hat in diesem Falle keine
andere Bedeutung als in allen sonstigen Fällen, in denen ein
Staatsakt an und für sich der parlamentarischen Zustimmung
edarf, aber ohne diese einseitig von der Regierung erlassen ist.
ie mangelhafte Form des Rechtsaktes wird nachträglich geheilt.
ie nachträgliche Genehmigung ersetzt die vorherige Zustimmung,
er Staatsakt, welcher nachträglich genehmigt ist, erhält also die-
nelbe rechtliche Bedeutung, als wenn er mit vorheriger Zu-
timmung der Volksvertretung ergangen wäre. Wendet man dies
auf die Etatsüberschreitungen an, so hören diese durch die nach-
trägliche Genehmigung auf, solche zu sein, das Rechtsverhältnis,
namentlich für die Rechnungskontrolle, ist genau dasselbe, als
wenn in den Etat von Anfang an die erst durch die Etatsüberschrei-
tung erreichte Summe eingestellt gewesen wäre. Dies, nicht mehr
und nicht weniger ist die rechtliche Bedeutung der nachträglichen
enehmigung von Etatsüberschreitungen. Da nun der Ausgabe—
etat für die verschiedenen Posten nicht den unbedingten Befehl
an die Behörden enthält, die Summe auszugeben, sondern nur
die Ermächtigung, sie zu verwenden, da auch bei Innehaltung des
Etats nach altpreußischer Ueberlieferung von der Rechnungs—
ontrolle stets zu prüfen ist, ob nicht bei dem einen oder anderen
Vosten „etwas zu menagieren gewesen wäre“, so ist durch die
hachträgliche Genehmigung der Etatsüberschreitung ebenso wenig
vie durch Leistung einer etatsmäßigen Ausgabe ausgeschlossen,
daß der Posten gegen einen Beamten zum Defekt gestellt und
von ihm eingezogen wird, falls sich ein pflichtwidriges Verhalten
—betreffenden Beamten ergeben sollten).
16) Uebereinstimmend Entsch. des Reichsgerichts in Zivils. vom 9. April.
1886, Bd. 13, S. 268ff., wo ausgeführt wird, daß die nachträgliche
enehmigung zu einer Etatsüberschreitung, welche durch die unberechtigte
andlung eines regreßpflichtigen Beamten verursacht sei, nur die
ndemnität der Minister, nicht aber die Befreiung jenes Beamten von seiner
basabpflicht bewirke. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vollkommen
altlose Polemik von de Jonge im Archiv für öffentliches Recht Bd. 2,
S. 297 f. Es wird hier in durchaus zivilistischer Weise ausgeführt, das
Ktsgeset sei Vollmacht der Beamten, wer innerhalb der Vollmacht handle,
Cache sich aber seinem Auftraggeber gegenüber nicht haftbar, die gewollte
tatsüberschreitung sei an und für sich ein Delikt, durch die Indemnität
erde aber vollständige Straflosigkeit der handelnden Personen hergestellt.
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