Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

9215 Das Nichtzustandekommen des Etats. 617 
Verzögerungen im Zustandekommen des Etats hilft man sich viel- 
sach mit einer gesetzlichen Ermächtigung der Regierung, vorläufig 
nach dem Entwurfe zu wirtschaften. Eine solche vorläufige Er- 
mächtigung ist aber weit davon entfernt, der Verfassung zu ent- 
sprechen, denn nach der Verfassungsurkunde soll der Etat mit 
Beginn des Etatsjahres fertig sein. 
Es handelt sich nunmehr darum, was einzutreten hat, wenn 
der Etat überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig durch Gesetz oder 
eine dem Gesetze gleichstehende Verordnung festgestellt, wenn also 
ein budgetloser Zustand vorhanden ist. Man kann diese Frage 
nicht durch die Ausführung umgehen, daß man das Budget für 
eine unumgänglich notwendige Vorbedingung jeder Finanzver- 
waltung erklärt und geltend macht, auch in Ermangelung eines 
stscesehes wirtschafte die Regierung nicht ohne Budget, sondern 
nach einem einseitig von ihr festgestellten, es frage sich also, 
db die Regierung das Etatsgesetz durch Verordnung oder Ver- 
lüung ersetzen könnes). Daß ein Wirtschaftsplan für die Finanz- 
berwaltung notwendig ist, erscheint an und für sich staatsrechtlich 
gleichgültig. „Zu einem Etat im juristischen Sinne ist es erforder- 
ich, daß er in den verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Formen 
zustandekommt. Ein nicht durch Gesetz oder dem Gesetze gleich- 
stehende Verordnung festgestellter Etat ist daher überhaupt kein 
solcher, sondern ein staatsrechtliches Nichts, mag seine Bedeutung 
für die Finanzwirtschaft auch noch so groß sein. Es ist daher 
suristisch durchaus berechtigt, von einer budgetlosen Finanzver- 
waltung in diesem Falle zu sprechen und die Rechtsfolgen dieses 
ustandes zu erörtern. 
Am einfachsten entscheidet sich die Frage hinsichtlich der Ein- 
nahmen. Für diese ist der Etat rechtlich bedeutungslos. Es ist 
vollständig gleichgültig, ob sie in den Etat ausgenommen sind 
* nicht, es ist daher auch gleichgültig, ob überhaupt ein Etat 
esteht. Alle zu Recht bestehenden Einnahmen werden daher auch 
ohne Etat forterhoben. 
Schwieriger ist die Frage hinsichtlich der Ausgaben zu ent- 
scheiden. Nach der Ansicht von dem unbedingten Ausgabebewilli- 
bBungsrechte der Volksvertretung würde die Regierung ohne Etat 
— 
6) So Jellinek a. a. O. S. 303; ähnlich v. Martitz a. a. O.
	        
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