630 Das Verwaltungrecht. §217
aus der Zeit der Fremdherrschaft ausgeschlossen. Da letztert
gegenwärtig nicht mehr in Betracht kommen, fragt es sich nur,
ob die Vorschriften betreffend die Ausschließung des Rechtsweges
über die verbriefte Staatsschuld gegenwärtig noch geltendes Recht
sinde). Nach § 4 des Einführungsgesetzes zur Zivilprozeßordnung
darf nun allerdings für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für welche
nach dem Gegenstande oder der Art des Anspruchs der Rechtsweg
zulässig ist, dieser nicht aus dem Grunde ausgeschlossen werden,
weil als Partei der Fiskus oder eine öffentliche Korporation be-
teiligt ist. Allein es handelt sich doch auch inhaltlich bei den
Staatsanleihen nicht um gewöhnliche Darlehnsverträge, sondern
um eine besondere Art von Rechtsgeschäften, für welche ein in
den Anleihegesetzen niedergelegtes Sonderrecht besteht. Nicht nur
um deswillen, weil der Staat bei dem Rechtsgeschäfte beteiligt
ist, sondern auch wegen der sachlichen Besonderheiten ist der Rechts-
weg ausgeschlossen. Hierzu ist aber die Landesgesetzgebung be-
fugt. Die Deklaration vom 9. August 1823 muß daher auch jebt
noch als geltendes Recht betrachtet werden.
Die Verwaltung der schwebenden Staatsschuld erfolgt durch
das Finanzministerium. Für die Verwaltung der fundierten Schuld,
welche bis zum Jahre 1820 dem Schatzministerium zustand, wurde
durch die Verordnung vom 17. Januar 182070) eine besondere Be-
hörde unter der Benennung „Hauptverwaltung der Staatsschulden“,
bestehend aus einem Präsidenten und vier Mitgliedern errichtet.
Nach Erlaß der Verfassungsurkunde fand eine neue Organisation
statt durch das Gesetz vom 24. Februar 1850 betreffend die Ver-
waltung des Staatsschuldenwesens und die Bildung iiner Staats-
schuldenkommissionn). Die Hauptverwaltung der Staatsschulden
besteht hiernach als eine von der allgemeinen Finanzverwaltung
abgesonderte, selbständige Behörde fort und unterliegt nur in-
soweit der oberen Leitung des Finanzministers, als dies mit ihrer
Unabhängigkeit vereinbar ist. Die Behörde setzt sich zusammen
aus einem Präsidenten und fünf Mitgliedern, welche sämtlich
vom Könige ernannt werden. Der Präsident darf nicht zugleich
") Für die sortdauernde Geltung Oppenhoff a. a. O., dagegen
v. Sarwoy, Oeffentliches Necht S. 300.
10) GS 1820, S. 12.
11) GS. 1860, S. 57.