Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

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&. 
6 12 Das Verwaltungsrecht. 
wärtigen Organe keine Befehle ohne Genehmigung bes Staates 
annehmen dürfen. Die höchste Instanz für alle Kirchen bildet 
das geistliche Departement des Ministeriums. 
Bei den Verwaltungsreformen der Jahre 1794 bis 1804 und 
18088) zieht man endlich die äußersten Folgerungen des Territorial= 
systems, woran es scheitern mußte. Handelte es sich bei den 
Rechten des Staates gegenüber den Kirchen wirklich nur um eine 
Friedensbewahrung unter den einzelnen Bekenntuissen, so lag 
gar leine Veranlassung vor, diese Rechte konfessionell gesonderten 
Behörden zu übertragen. Das Bedürfnis einer Vereinfachung des 
Verwaltungsorganismus führt daher zur Aufhebung der beson- 
deren protestantischen Kirchenbehörden und zur Uebertragung ihrer 
Obliegenheiten auf die Kriegs= und Domänenkammern, später die 
Regierungen, in der obersten Stelle seit 1808 das Ministerium des 
Innern. Hier zeigte es sich aber, daß man die Verschiedenheit 
in der Stellung der protestantischen und katholischen Kirche zum 
Staate bisher nur verdeckt, nicht beseitigt hatte. Die protestan- 
tischen Kirchen verloren ihre besondere Verwaltungsorganisation, 
soweit sie über die Einzelgemeinden und Superintentenduren 
hinausging, während man die der katholischen Kirche nicht auf- 
heben konnte. So führt das von der Gleichheit der Stellung aller 
Konfessionen zum Staate ausgehende Territorialsystem in seinen 
äußersten Folgerungen, eben weil die Voraussetzung eine falsche 
war, zu einer ungleichen Behandlung der verschiedenen Kirchen. 
Nach den Befreiungskriegen wird daher das Territorialsystem 
preisgegeben und die verschiedene Stellung der katholischen und 
der protestantischen Kirchen zum Staate in Gesetzgebung und 
Verwaltung anerkannt. Die protestantischen Kirchen, seit 1817 
vereinigt zur evangelischen Landeskirche, bleiben unter staatlicher 
Verwaltung, ihr Verwaltungsorganismus löst sich aber seit 1817 
mehr und mehr von den übrigen staatlichen Verwaltungszweigen 
los, so daß seit 1845 die evangelische Landeskirche eine fast voll- 
ständig in sich abgeschlossene Verwaltungsorganisation besitzt, die 
allerdings Staatsverwaltung ist und bleibt. Nur für die west- 
lichen Provinzen findet diese rein staatliche Verwaltung wenigstens 
eine Ergänzung durch synodale Einrichtungen, welche die Kirchen- 
8) Vgl. 8124.
	        
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