8219 Der Staat und die Religionsgesellschaften überhaupt. 655
beschehen soll, ihr aber die Teilnahme an wesentlichen Religions-
handlungen einer anderen Partei gleichsteht. Nur wenn der Ueber-
tretende von den Lasten seines bisherigen Verbandes befreit sein
will, hat er die für den Austritt vorgeschriebenen Formen zu
beachten. Der Aufnahme der Austrittserklärung muß ein hierauf
gerichteter Antrag vorangehen, der von dem Richter dem Vor-
stande der beteiligten Kirchengemeinde unverzüglich bekannt zu
machen ist. Die Aufnahme der Austrittserklärung geschieht zu
herichtlichem Protokoll frühestens vier und spätestens sechs Wochen
Nnach Eingang des Antrages ohne besondere Vorladung seitens
des Richters. Abschrift des Protokolls erhält der Vorstand der
Kirchengemeinde, eine Bescheinigung der Ausgetretene auf sein
Verlangen. Durch den Austritt wird der Ausgetretene von den
auf der persönlichen Kirchen- oder Kirchengemeindeangehörigkeit
beruhenden Leistungen abgesehen von einzelnen kirchlichen Bau-
lasten, zu denen er noch länger verpflichtet bleibt, mit Ende
des auf die Austrittserklärung folgenden Kalenderjahres befreit.
Dingliche Leistungen werden dagegen durch den Austritt nicht
berührt. Ein Anspruch auf Stolgebühren und andere bei Ge-
legenheit bestimmter Amtshandlungen zu entrichtende Leistungen
kaun gegen Personen, welche der betreffenden Kirche nicht an-
gehören, nur dann geltend gemacht werden, wenn die Amtshand-
lung auf ihr Verlangen wirklich verrichtet worden ist.
Alle mit Korporationsrechten ausgestatteten Religionsgesell-
schaften sind ferner beschränkt in ihrem Vermögenserwerbe, nach
Art. 86 Ec. zum BEG# jedoch nur noch insoweit, als es sich um
Gegenstände im Werte von mehr als 5000 M. handelt. In Preußen
ist der Gegenstand an Stelle des früheren mannigfach zersplitterten
Rechtesso) jetzt einheitlich geregelt durch Art. 6 und 7 des 2.
zum BGB. vom 20. September 1899-2).
Danach bedürfen Schenkungen oder Zuwendungen von Todes
wegen an juristische Personen mit Ausnahme von Familienstif-
tungen zu ihrer Wirksamkeit ihrem vollen Umfange nach der
Genehmigung des Königs oder der durch Kgl. Verordnung be-
.
20) Vgl. darüber Kahl, Die deutschen Amortisationsgesetze Tübingen
1879 und für Preußen die 1. Aufl. dieses Buches. Das ältere Recht ist
letzt ohne Interesse.
21) GS. 1899, S. 177.