Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8219 Der Staat und die Religionsgesellschaften überhaupt. 657 
stellung der Geistlichen und bezüglich der Handhabung der Disziplin 
über das kirchliche Personal. Nach § 59 II, 11 ALFR. werden die 
bei einer christlichen Kirchengemeinde zum Unterricht in der 
Religion, zur Besorgung des Gottesdienstes und zur Verwaltung 
der Sakramente bestellten Personen Geistliche genannt. Der Staat 
gesteht ihnen besondere Rechte zu, nimmt aber andererseits in 
bezug auf sie eine besondere Aussicht für sich in Anspruch. Dabei 
ist es gleichgültig, ob die betreffende christliche Religionsgemein- 
schaft mit Korporationsrechten ausgestattet ist oder nicht. 
Die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen ist geregelt 
worden durch das Gesetz vom 11. Mai 1873 mit einer Novelle 
dom 21. Mai 1874269). Die Revisionsgesetzgebung, namentlich 
die Gesetze vom 11. Juli 1883, 21. Mai 1886 und 29. April 188720, 
hat jedoch jene Vorschriften in den mannigfachsten Beziehungen neu 
gestaltet. Der sich hieraus ergebende heutige Rechtszustand ist 
folgender. 
Ein geistliches Amt darf in einer der christlichen Kirchen nur 
einem Deutschen übertragen werden, welcher seine wissenschaftliche 
Vorbildung nach den gesetzlichen Vorschriften dargetan hat, und 
gegen dessen Anstellung kein Einspruch von der Staatsregierung 
erhoben ist. 
Zur Bekleidung eines geistlichen Amtes ist die Ablegung der 
Entlassungsprüfung auf einem deutschen Gymnasium und die 
urücklegung eines dreijährigen theologischen Studiums auf einer 
deutschen Staatsuniversität erforderlich. Der Kultusminister kann 
von diesen Erfordernissen befreien, insbesondere von dem Studium 
auf einer außerdeutschen Universität einen angemessenen Zeitraum 
anrechnen. Während die Gesetzgebung der siebziger Jahre das 
Studium an theologischen Seminaren im allgemeinen cusschloß, 
konn nach den Revisionsnovellen von 1886 und 1887 das theo- 
logische Studium auch an den zur wissenschaftlichen Vorbildung 
er Geistlichen geeigneten kirchlichen Seminaren, welche bis zum 
ahre 1873 bestanden haben, und an den von den Bischöfen 
von Osnabrück und Limburg zu errichtenden Seminaren zurück- 
gelegt werden. Ueber diese Seminare führt der Kultusminister 
— — 
d 23) GS. 1873, S. 191; 1874, S. 139. Einführung in Lauenburg 
urch Gesetz vom 25. Februar 1878 — GS. 1878, S. 100 —. 
24) GS. 1883, S. 109; 1886, S. 147; 1887, S. 127. 
Vornhak, Preußisches Staatsrecht. III. 2. Aufl. 42
	        
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