62 Das Verwaltungsrecht. § 155
niedere, mit einem Kriegsgerichtsrate und vier Offizieren besetzte
Kriegsgerichte bei den Divisionen für die höhere Gerichtsbarkeit.
Berufungen gehen von den Standgerichten an die Kriegsgerichte
und gegen deren erstinstanzliche Entscheidungen an die bei den
Generalkommandos gebildeten, mit zwei Oberkriegsgerichtsräten
und fünf Offizieren besetzten Oberkriegsgerichte. Für Revisionen
besteht das Reichsmilitärgericht in Berlin. An der Spitze dieses
Gerichts steht ein General (Admiral). Zur Wahrnehmung des
öffentlichen Interesses ist eine aus einem Obermilitäranwalt und
mehreren Militäranwälten bestehende bureaukratische Militär-
anwaltschaft eingerichtet. An der Rechtsprechung ist der Präsident
nicht beteiligt. Diese erfolgt durch Senate, die mit je einem Senats-
präsidenten und mehreren Räten und Offizieren besetzt sind. Für
das bayrische Heer ist ein besonderer Senat gebildet.
Das Verfahren, Anklageprozeß mit Hauptverhandlung, ist
mündlich und, vorbehaltlich des Ausschlusses der Oeffentlichkeit
wegen Gefährdung der Staatssicherheit, der Ordnung und Sittlich-
keit oder der militärdienstlichen Interessen, öffentlich. Die Ver-
teidigung ist entweder zulässig oder geboten. Rechtsanwälte werden
jedoch nur bei Verbrechen und Vergehen gegen das Bürgerliche
Strafgesetzbuch in Fällen der höheren Gerichtsbarkeit zugelassen.
Ueber die Beweisaufnahme urteilt das Gericht nach seiner Ueber-
zeugung. Bei Uebertretungen kann die Strafe durch Straf-
verfügungen festgesetzt werden, gegen die binnen einer Woche Ein-
spruch erhoben werden kann, worauf das ordentliche Verfahren
eintritt. Rechtsmittel sind die Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse
und Verfügungen, die Berufung gegen Urteile und die Revision
gegen Urteile der Oberkriegsgerichte in Fällen behaupteter Ge-
setzesverletzung. Gegen im Felde oder an Bord ergangene Urteile
finden Rechtsmittel nicht statt. Die Rechtskraft und Vollstreckbar-
keit wird durch eine Bestätigungsorder ausgesprochen, die nur im
Felde eine sachliche Nachprüfung des Urteils gestattet. Im Wieder-
aufnahmeverfahren freigesprochene Personen werden nach den all-
gemeinen Grundsätzen entschädigt.
Die höheren Militärjustizbeamten (Kriegsgerichts-, Oberkriegs-
gerichtsräte, Senatspräsidenten und Räte beim Reichsmilitärgericht,
Beamte der Militäranwaltschaft) müssen die Befähigung zum
Richteramte haben. Ihre Dienstvergehen werden in einem be-