Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

680 Das Verwaltungsrecht. 8221 
anstandeten Kandidaten einen ernennt. Wie viele Personen von 
der Regierung gestrichen werden können, richtet sich nach den— 
selben Grundsätzen wie bei den Bischofswahlenu.). 
Die altkatholische Gemeinschaft, d. h. derjenige Teil der 
Katholiken, welcher die Beschlüsse des vatikanischen Konzils nicht 
anerkannt hat, wurde in Preußen im Verhältnisse zum Staat 
nach wie vor als Teil der katholischen Kirche betrachtet, da die 
Altkatholiken gerade die bisherige Lehre und Verfassung der Kirche 
aufrecht erhalten wollten. Da nun aber die kirchlichen Gewalten 
sich fast durchweg den vatikanischen Beschlüssen unterwarfen, so 
erwies sich eine Organisation der altkatholischen Gemeinschaft not- 
wendig. Diese erfolgte durch eine autonom abgefaßte Synodal- 
und Gemeindeordnung. An der Spitze der Gemeinschaft steht 
ein von der altkatholischen Synode gewählter Bischof, gegenwärtig 
mit dem Sitze zu Bonn, vor dessen Wahl die Regierungen, welche 
den Bischof anerkannt haben, Preußen, Baden und Hessen, die 
Personac minus gratae ausschließen können. Die Beobachtung 
dieser auf autonomer kirchlichen Satzung beruhenden Bestimmungen 
kann vom Staate durch Versagung der staatlichen Anerkennung 
des ordnungswidrig Gewählten erzwungen werden. Der Bischof 
bedarf dann der staatlichen Anerkennung und hat den Bischofseid 
zu leisten. " 
Für den Fall der Erledigung eines katholischen Bistums, 
worunter auch das altkatholische zu verstehen ist, war das Gesetz 
vom 20. Mai 187415) ergangen, dessen Bestimmungen durch die 
Revisionsnovelle von 1887 allerdings zum größten Teile wieder 
aufgehoben sind. Noch jetzt hat aber jeder, der in einem erledigten 
katholischen Bistume bischöfliche Rechte bis zur Einsetzung eines 
staatlich anerkannten Bischofs ausüben will, dem Oberpräsidenten 
der Provinz, in welcher sich der erledigte Bischofsitz befindet, unter 
Angabe des Umfanges der auszuübenden Rechte schriftliche Mit- 
teilung zu machen, den kirchlichen Auftrag, sowie seine persönliche 
Befähigung nach Maßgabe der Staatsgesetze darzutun und sich 
zum Treueide gegenüber dem Staate bereit zu erklären. Nach der 
Revisionsnovelle von 1886 kann das Staatsministerium von den 
persönlichen Erfordernissen wie von dem Eide befreien. Innerhalb 
11) Vgl. Hinschius, Kirchenurecht Bd. 2, S. 696. 
1) GE. 1871, S. 130. 
 
	        
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