686 Das Verwaltungsrecht. 8222
nur eine solche Ausnahme. Die Niederlassungen der Orden und
ordensähnlichen Kongregationen, welche sich ausschließlich der
Krankenpflege widmeten, blieben erhalten, auch konnten die
Minister des Innern und der geistlichen Angelegenheiten die
Aufnahme neuer Mitglieder gestatten. Nach den Revisions-
novellen steht der Krankenpflege die Pflege und Unterweisung
von Blinden, Tauben, Stummen, Idioten und gefallenen Frauens—
personen gleich. Auch sind wieder Orden zugelassen worden,
welche sich der Seelsorge, der Uebung christlicher Nächstenliebe,
und der Erziehung der weiblichen Jugend in höheren Schulen und
Erziehungsanstalten widmen oder ein beschauliches Leben führen.
Den bestehenden oder wieder zugelassenen Orden kann cußerdem
gestattet werden die Errichtung neuer Niederlassungen, die Aus-
bildung von Missionaren für den Dienst im Auslandc, die Pflege
und Unterweisung von noch nicht schulpflichtigen Kindern, die
Leitung von Waisen-, Armen-, Rettungsanstalten usw. Den
wiedererrichteten Niederlassungen ist ihr vom Staate in Ver-
wahrung genommenes Vermögen wieder zurückzugeben. Die
bestehenden Niederlassungen können jederzeit durch königliche Ver-
ordnung aufgelöst werden und sind der Aufsicht des Staates
unterworfen.
Das Vermögen der aufgelösten Niederlassungen ist nicht vom
Staate eingezogen, wohl aber bis zu anderweiter gesetzlichen Be-
stimmung von ihm in Verwahrung und Verwaltung genommen.
Eine solche Bestimmung ist zum Teil durch Zurückgabe des
Vermögens an die wieder zugelassenen Orden getroffen worden.
§ 222. Der Staat und die übrigen Neligionsgesellschaften.
Das Verhältnis des Staates zu den öffentlich ausgenommenen
Religionsgesellschaften ist in den beiden vorhergehenden Para-
graphen behandelt. Den nicht mit Korporationsrechten cusge-
statteten Religionsgesellschaften gegenüber nimmt der Staat, ab-
gesehen von einigen besonderen Beschränkungen, denen alle Reli-
gionsgesellschaften unterworfen sindt), keine andere Stellung ein
als gegenüber jedem erlaubten Privatvereine. Sie kommen also
ebenfalls nicht weiter in Betracht. Hier handelt es sich nur um
1) Vhl. 8§ 219.